So!: Fichtelberg Maultaschen unterm Sternenhimmel

Im Museo in Fichtelberg speisen die Gäste zwischen historischen Maschinen im außergewöhnlichen Ambiente einer ehemaligen Steinschleiferei.

 
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Fichtelberg - Er ist ein echter Blickfang, der mächtige, schwarze Kronleuchter, der an der roten Decke im ebenso roten Salon schwebt. Ein wahrhaftiger Hingucker. Etliche kleine Kronleuchter hängen über dem Tresen. Blickfänge all überall, atemberaubendes Ambiente, wohin man nur schaut. Im Museo in Fichtelberg speisen die Gäste zwischen historischen Maschinen und unter einem Sternenhimmel, der an ein Märchen von „Tausendundeine Nacht“ erinnert. Und mitten in der Pandemie hat hier, gleich neben dem Automobilmuseum, schwäbische Küche Einzug gehalten. Angelika Behlkes Maultaschen finden sich in allerlei Variationen auf dem Teller – natürlich hausgemacht. Wie all die anderen Leckereien von gutbürgerlich bis hin zu Spezial-Burgern und Flammkuchen. Denn etwas aus dem Päckchen kommt für die Köchin ganz sicher nicht in die Tüte. Sie duften verführerisch, der Gaumen jubiliert. Die gerösteten Maultaschen – die Portion ist ziemlich üppig – kommen typisch schwäbisch daher: angeröstet mit Ei und dazu Kartoffelsalat. „Das ist ein absolutes Muss“, betont die Chefin aus dem Ländle, die ebenso wie ihr Mann Mirko gastronomische Seiteneinsteigerin ist. „Ich habe Anwaltsgehilfin gelernt“, erzählt die 56-Jährige.

Dachten erst, die Bilder sind Fake

Ihr sechs Jahre jüngerer Mann arbeitete früher bei der Post. Doch das liegt etliche Jahre zurück. Dass es das Ehepaar ins Herz des Fichtelgebirges verschlagen hat, ist reiner Zufall. Dass es mitten in der Corona-Pandemie war, ist großes Pech. „Da mussten wir erst einmal schauen, wie wir über die Runden kommen“, erzählt Angelika Behlke, die aus Stuttgart stammt und zuletzt fünf Jahre lang mit ihrem Mirko einen Landgasthof im Allgäu betrieben hat. „Zuvor hatten wir sechseinhalb Jahre lang ein Hotel in Weil der Stadt.“ In der Gastronomie waren beide immer neben ihrem Beruf tätig gewesen, „da haben wir uns auch kennengelernt“. Etwas Kleines gemeinsam betreiben, das hat den Behlkes vorgeschwebt. „Dass es damals gleich ein Hotel mit 22 Zimmern, Saal und Restaurant wird, war eigentlich nicht der Plan. Also haben wir unsere Jobs 2006 an den Nagel gehängt.“ Angelika Behlke machte den Service in Weil der Stadt in der Region Stuttgart, ihr Mann stand hinter der Theke. „Dann hat uns der Koch im Stich gelassen. Für meinen Mann lag auf der Hand, dass ich den Job übernehme.“ Von einer Köchin hat die Gastronomin viel gelernt, ihr über die Schulter in die Töpfe geguckt. „Leider hatten die Erben des Hotels keine Ambitionen, es nach dem Tod des Eigentümers weiter zu betreiben.“ Und so landeten die Behlkes im Allgäu. Doch nach viereinhalb Jahren wollte das Ehepaar einen Tapetenwechsel. „Wir waren in der Schweiz, an der Nordsee, haben uns überall nach Objekten umgesehen. Und dann haben wir das Museo in der Hotel- und Gaststättenzeitung entdeckt“, erzählt die 56-Jährige. „Als wir das tolle Ambiente gesehen haben, dachten wir sofort, die Bilder können nur ein Fake sein.“

Museo eine außergewöhnliche Location

Doch das waren sie eben nicht. „Wir waren völlig geplättet, als wir zum ersten Mal hier waren. So etwas haben wir nie zuvor gesehen“, schwärmen die Pächter über ihr neues Restaurant, das im Hauptraum 45 Sitzplätze bietet, 20 weitere im Roten Salon, 30 im Kaminzimmer und 80 im Biergarten. Das Foyer beherbergt die alte Dampfmaschine, die zum früheren Granit- und Syenit-Werk für die Grün-Porphyr-Steinbruchbetriebe – 1847 gegründet – des Unternehmers Wilhelm Scharf gehört hatte. Auch Teile der einstmaligen Steinsägen-Anlage sind Bestandteil des Ambientes. Hier wurden Groß-, Klein- und Mosaikpflastersteine hergestellt. In der Steinschleiferei produzierten in der Blütezeit knapp 30 Mitarbeiter prachtvolle Denkmäler und verrichteten Bau- und Monumentalarbeiten. In den 1980er-Jahren verfielen die Gebäude, 1994 übernahm die Familie Eckert den Besitz und schuf die Hallen für ihr Automobilmuseum. 1998 wurde die Granitsteinhalle mit den Steinsägen – einzigartig in ganz Deutschland – restauriert. Über Jahre hinweg renovierten Gabi und Perry Eckert die Halle und entschlossen sich 2007 dazu, das spektakuläre Gebäude einem neuen Zweck zuzuführen: Das mehrräumige Restaurant mit Café-Terrassen und Biergarten ist das Resultat. Heute ist das Museo eine außergewöhnliche Location für Museumsbesucher ebenso wie für Ausflügler auf zwei oder vier Rädern, für Wanderer, Familien und ein Ort für Feste jedweder Art. „Wir waren nie zuvor im Fichtelgebirge“, gestehen die neuen Pächter. „Aber was wir bisher gesehen haben, ist echt schön. Wir werden niemals mehr in die Stadt ziehen“, versichern beide.

Frische Spätzle sind Ehrensache

Ihr eigentlicher Plan war, 2020 im April zu öffnen. „Doch dann kam Corona.“ Mirko Behlke, der noch im Allgäu weilte, musste dort alles abschließen. „Und in Fichtelberg konnten wir nicht aufschließen.“ Einige Monate waren den Behlkes im Sommer und Herbst letzten Jahres zunächst vergönnt, „die richtig toll waren“. Dann kam der neuerliche Lockdown, die Küche blieb acht Monate lang kalt. „Und das bei diesem herrlichen Winter!“ Jetzt aber ist das Ehepaar voller Tatendrang, um Brez’n-Schnitzel, Museo-Teller, Maultaschensuppe und Kässpätzle zu servieren. „Ich habe noch einen Koch bei mir, aber Servicepersonal zu bekommen, ist derzeit ganz schön schwierig“, erzählt die Chefin. „Aber wir werden uns mit unserem Personal durchbeißen“, versichert sie. Worauf Angelika Behlke enorm großen Wert legt, sind ihre frisch durchgedrückten Spätzle. „Für eine Schwäbin Ehrensache!“ Genauso wie die Soßen, die sie mit Knochen ansetzt.

Roter Salon das Highlight

„Der Gast schmeckt und schätzt das“, sagt sie. Auch das Dessert ihres tschechischen Kochs, der sich auf Liwanzen versteht, die mit einer riesigen Kugel Eis und einem Berg Schlagsahne aufgetischt werden. Jetzt, wo das Wetter endlich ins Freie lockt, freuen sich die Besucher über Brotzeiten im gepflegten Biergarten gleich vis-à-vis des Automobilmuseums. Was es nur während der Gartensaison gibt, ist der „halbe Meter Biergarten“. Da werden Wurstsalat, Rettichsalat und Obazda auf einer lange Platte aufgefahren. Die Gäste schätzen den Biergarten ebenso wie das gesamte Museo, das im Hauptraum mit Authentischem aus der Jahrhundertwende besticht. Wer es lieber ruhig, rustikal und gemütlich mag, dem legen die Hausherrn das weitläufige Kaminzimmer mit einer üppigen Sammlung von Krügen ans Herz. Mondän fühlt es sich an, wenn man im Roten Salon diniert, während die Lounge mit der Dampfmaschine die perfekte Umgebung für Gespräche vor oder nach einem schwäbischen Gaumenschmaus bietet.

Rezept: Schwäbische Maultaschen geröstet (für 25 bis 30 Stück)

Zutaten: für den Nudelteig: 250 g Mehl, 2 Eier, 1 EL Olivenöl, Salz (man kann den Nudelteig auch als TK kaufen); für die Füllung: 200 g Kalbsbrät, 200 g Rinderhack, 200 g Schweinehack, 150 g Speckwürfel, 1 Zwiebel fein gehackt, 2 EL Petersilie gehackt, 1 Semmel vom Vortag, 1 Ei, etwas Milch

Und So! wird’s gemacht: Mehl mit Salz vermischen und auf die Arbeitsfl äche sieben. Eier und Olivenöl mit 1 EL Wasser glattrühren und mit dem Mehl rasch zu einem Nudelteig verkneten. In Folie gewickelt etwas ruhen lassen. Semmel würfeln und in etwas Milch einweichen; Kalbsbrät, Rinder- und Schweinehack in eine Schüssel geben. Mit dem Speck-Zwiebel-Petersilien-Gemisch, dem Ei und dem ausgedrückten Brot mit der Hand sehr gut vermischen. Mit Salz, Pfeff er und geriebenem Muskat abschmecken. Sollte die Masse zu feucht sein, etwas Semmelbrösel untermengen. Mit der Nudelmaschine Bahnen bis Stufe 6 herstellen. Füllung in einen Dressiersack ohne Tülle geben und einen Streifen auf die gesamte Nudelbahn aufbringen. Die Ränder mit verquirltem Ei bestreichen und die Nudelbahn von der Längsseite her aufrollen. Mit Hilfe eines Kochlöff els zirka 8 cm breite Segmente eindrücken, durchschneiden und nochmals mit den Fingern fest zusammendrücken. Maultauschen in leicht wallendes Salzwasser einlegen und 5 bis 10 Minuten garen. Die abgetropften Maultaschen schmecken als Suppeneinlage auch sehr gut, aber richtig super sind sie, wenn man sie in Butterschmalz brät und mit Röstzwiebeln und Salat serviert. Sie lassen sich auch gut einfrieren. Im Museo wird zu den gerösteten Maultaschen auch ein Ei angebraten, und es wird – typisch schwäbisch – Kartoffelsalat dazu gereicht.

Tipp: Ein Ausflug ins Fahrzeug-Museum

Gleich in unmittelbarer Nachbarschaft des Restaurants Museo befindet sich ein Eldorado für Freunde von zwei und vier Rädern: das Deutsche Fahrzeug-Museum Fichtelberg. Die Präsentation umfasst Autos, Motorräder, Flugzeuge, Feuerwehrfahrzeuge, Traktoren und Exoten der Autowelt. Es ist die umfangreiche Sammlung der Familie Eckert. Von Oldtimern bis zur Neuzeit finden die Besucher Fahrzeuge aus jeder Epoche der Automobilgeschichte. Die Sammlung umfasst mehr als 500 Exponate von 1896 bis in die heutige Zeit.

Das Museo

Adresse: Restaurant Museo, Familie Behlke, Nagler Weg 10b, 95686 Fichtelberg

Telefon: 09272/9658955

E-Mail: info@museo-restaurant.de

Internet: www.museo-restaurant.de

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 11.30 bis 21 Uhr warme Küche

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