Seybothenreuth: Rehe, die den Tod bringen

Von Christophe Braun
Symbolfoto: dpa Foto: red

In den Wäldern um Seybothenreuth werden weiße Rehe gesichtet. Unter Jägern gelten diese seltenen Tiere als Unglücksboten. Sie sollen den Tod bringen.

 
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"Es gibt diese alte Legende, dass man weiße Rehe nicht schießen darf", sagt Matthias Huttner, ein Jäger. "Tut ein Jäger es trotzdem, stirbt jemand aus seiner engsten Familie."

Eine Legende - klar. Alte Folklore. "Früher galten weiße Rehe unter Jägern sogar als heilig", sagt Huttner. Und er muss es wissen: Seit 31 Jahren geht Matthias Huttner auf die Jagd. Inzwischen ist er bei der Forstverwaltung in Bayreuth für Jagd und Naturschutz zuständig. In all den Jahren hat er nur einmal eine weiße Dammwild-Kuh gesehen. Ein wildes Albino-Tier? Gar nicht.

"Ich dachte, ich spinne"

Erika Wirtz und ihr Hund Johnny haben dem Jäger da etwas voraus. "Wir waren Anfang April unterwegs, als wir in einem Tal, auf halber Strecke nach Döberschütz, sechs Rehe gesehen haben", erzählt die 65-Jährige. Zwei der Tiere waren nicht rötlich-braun, sondern weiß. "Ich dachte, ich spinne", erzählt Wirtz. "Ich habe meinen Augen nicht getraut." Wegen des Hundes habe sie sich den Tieren aber nicht nähern können. "Im ersten Moment war ich mir wirklich nicht sicher."

Ein paar Tage später beobachtete Witz erneut ein weißes Reh, wieder in den Wäldern bei Seybothenreuth. Und dann ein drittes Mal Anfang dieser Woche. "Außerdem hat mir eine Nachbarin erzählt, dass sie auch eines gesehen hat", erzählt sie.

"Unnatürlich. Ein Fehler. Ein Defekt."

Das Vorkommen von Albino-Rehen sei selten, aber "nicht ganz ungewöhnlich", sagt Jagdexperte Matthias Huttner. "Eigentlich wollen wir nicht, dass die sich vermehren. Weiße Rehe, das ist unnatürlich. Ein Fehler. Ein Defekt."

Albinos werden genauso geschossen wie andere Rehe, Folklore hin oder her. "Täten wir das nicht, würde die Zahl der Albinos im Laufe der Generationen zunehmen." Und das wolle man vermeiden.

In manchen Regionen im Osten Deutschlands hätten Jäger jahrzehntelang versäumt, Rehe mit Gendefekt zu schießen. Daraufhin habe sich dort die Zahl der Tiere mit Melanismus - rabenschwarze Rehe - dramatisch erhöht. "Bis heute gibt es davon viele in den Wäldern im Osten."

"Das ist schon etwas Besonderes"

Weiße Rehe in den Wäldern um Seybothenreuth sind also gut möglich. "Solche Tiere sind schon etwas Besonderes", sagt der Jäger. Er selbst habe, von dem weißen Dammwild abgesehen, bislang nur weiß-schwarz gescheckte Wildschweine beobachtet. "Die waren damals aber zu weit weg und zu schnell - zu meinem Bedauern. Ich hätte sie gerne erlegt."

Schenkt man den alten Legenden Glauben, hat der Jäger damit möglicherweise Glück gehabt.

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