Serienbetrüger mit Beerdigungstrick

Von Manfred Scherer
Foto: Britta Pedersen dpa/Archiv Foto: red

Eine viermonatige Bewährungsstrafe verhängte Amtsrichter Stefan Käsbohrer am Dienstag gegen einen Mann, der in einem Bayreuther Hotel seine Miete nicht gezahlt hatte. Im Prozess ergibt sich: Der Mann ist ein Serientäter und sein Fall ein todtrauriger.

 
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Er war mal ein kultivierter Mensch als Bibliothekar. Jetzt ist er alt, einsam, krank, arbeitslos, mittellos und sitzt im Knast. Als Untersuchungshäftling wird er – im kurzen Hemd – in den Justizpalast gebracht.

Ja, bekennt er damals zur Jahreswende 2015/2016 im Hotel Weihenstephan in der Bahnhofstraße gewohnt. Ja, die ersten Tage hat er bar gezahlt, offenbar mit seinen letzten 210 Euro. Dann hat er verlängert, weil das Befinden seiner kranken Tante sich ganz arg verschlechtert habe. Erst um fünf Tage, dann noch mal um sechs Tage, um die Beerdigung der nun verstorbenen Tante zu organisieren.

Doch die Geschichte war erfunden, gesteht der Mann: „Ich hatte kein Geld mehr.“ Der Hotelgast sagte der Hotelchefin, er wolle mit dem Zug nach Nürnberg, um sich einen Beerdigungsanzug zu kaufen. Doch er verduftete und hinterließ Schulden in Höhe von 420 Euro.

Zahnbürste wird auf DNA untersucht

Im Zimmer des verschwundenen Gastes fand die Polizei ein paar wenige, zurückgelassene Habseligkeiten, darunter eine Zahnbürste. Sie wurde auf DNA untersucht. Die DNA, so stellte sich wenige Wochen danach heraus, gehörte zu einem bundesweit gesuchten Einmietbetrüger.

Der heute 61-Jährige hatte nach den Worten seiner Verteidigerin Nicole Pfuhl quer durch die Bundesrepublik in Hotels oder Pensionen übernachtet und in vielen Fällen nicht bezahlt. Weil er nicht konnte, wie er sagt: „Immer, wenn ich noch etwas Geld übrig hatte, habe ich die Miete gezahlt. In Pensionen für 15 Euro die Nacht ging das schon mal.“

Der Mann aus Baden-Württemberg berichtete, dass auf eine Erkrankung erst die Arbeitslosigkeit folgte, danach konnte er sich keine Wohnung mehr leisten. Mit einem Amt lag er lange im Streit um eine Zusatzrente. Jetzt, sagt er, sei das endlich geklärt und er habe Bescheid bekommen, dass er bald Bezüge erhalten werde.

Die Betrugsverfahren stauen sich

Doch seit 2011 haben sich Verfahren gegen ihn angestaut – aus den verschiedensten Regionen der Republik. Manche der Verfahren waren im Strafbefehlsweg mit der Aufforderung zur Zahlung einer Geldstrafe. Weil er oft nicht zahlen konnte, musste er die Strafen absitzen. Andere Verfahren sind noch offen, deshalb sitzt er gerade in U-Haft und hat Kost und Logis auf Staatskosten. Und Transport: Zum nächsten Prozess in der nächsten Stadt wird er im Gefangenentransporter gebracht werden.

Im Urteil machte der Amtsrichter dem Betrüger diese Bewährungsauflage: Um die vier Monate nicht auch noch absitzen zu müssen, soll er die offene Rechnung des Hotels Weihenstephan bezahlen.

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