Serie: Sagenhafte Plätzchen im Fichtelgebirge „Gut“-Chefin zaubert Herzen aus Tränen

Roland­ Gläßl kocht, Margit Gläßl kredenzt seine Köstlichkeiten: In Göpfersgrün klappt das seit 22 Jahren hervorragend. Mit Glück gibt’s bald Hilfe auf hohem Niveau: Sohn Johannes lernt in einem Hotel mit Zwei-Sterne-Restaurant.

 
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Göpfersgrün - „Warum tust du dir das an, du hast doch schon genug Arbeit?“ Diese Frage hat der 55 Jahre alte Roland Gläßl seiner Frau oft gestellt, wenn Margit Gläßl zusätzlich zu all ihren Aufgaben im „Wirtshaus im Gut“ auch noch bäckt. „Das ist meins, das mache ich aus Leidenschaft“, antwortet die 54-Jährige dann.

Fünf Kuchen pro Woche

Erfreulich für die Gäste. Zusätzlich zu traditionell oder raffiniert zubereiteten Schmankerln regionaler Herkunft werden sie am Wochenende mit selbst gebackenem Kuchen verwöhnt. Unter „da Chefin ia Hobby“ steht in der Speisekarte immer der „Guts-Klassiker“: Käsekuchen mit Baiser-Haube. Was „Margits Backstübchen“ sonst noch hergibt, ist saisonabhängig. Fünf Torten und Kuchen pro Wochenende gingen locker weg, teilweise auch über die Straße, erzählt die Gastronomin.

Drei Monate in der Patisserie

Über die Zubereitung süßer Sachen kann Margit Gläßl jetzt mit ihrem jüngsten Sohn Johannes fachsimpeln. Der Koch-Lehrling hat gerade drei Monate in der Patisserie des Hotels „Birkenhof“ in Neunburg vorm Wald hinter sich, zu dem das Zwei-Sterne-Lokal „Eisvogel“ gehört. „Eine sehr gute Adresse, wir haben im Sommer selbst dort Urlaub gemacht“, erzählt Margit Gläßl stolz. Am wichtigsten ist ihr jedoch, dass es dem 17-Jährigen Spaß mache, kommentiert die Mama die Koch- und Backleidenschaft ihres Jüngsten, der jetzt seine nächste Ausbildungsstation in der kalten Küche des renommierten Hauses durchläuft.

„Gastronomie ist kein Zuckerschlecken“

Ob Johannes in die Fußstapfen seiner Eltern treten wird, die im Landkreis Wunsiedel seit langem eines der erfolgreichsten Wirtshäuser führen? „Das soll er sich gut überlegen. Gastronomie ist kein Zuckerschlecken. Selbst wenn eigentlich Feierabend ist: Wenn es mal wieder brennt, bist du da.“

Wirtsleute sollten zusammenarbeiten

Zudem müsse man arbeiten, wenn alle Freunde Zeit haben. Das sei auch für eine Partnerschaft schwierig. Deshalb gab Margit Gläßl ihren Beruf als Fleischerfachverkäuferin auf und arbeitete stattdessen von Anfang an im Gut mit, das ihr Mann 1999 pachtete. „Das Wichtigste ist, ein Gasthaus als Paar zusammen zu führen. Sonst hätten wir uns ja nie gesehen.“

Kinder haben Koch-Gene

Bekanntlich stand auch Vater Helmut Gläßl in Stemmasgrün und Marktredwitz jahrzehntelang erfolgreich am Herd, Roland Gläßls Brüder und Schwestern tun das heute noch im gesamten Fichtelgebirge: Etwas von diesen Koch-Genen der Familie Gläßl haben offensichtlich auch die anderen beiden Kinder der Göpfersgrüner Gläßls geerbt: Ihr ältester, 22 Jahre alter Sohn Christopher arbeitete zwar als Programmier beim IGZ in Falkenberg, aber „er isst und kocht sehr gerne. Fertiggerichte gibt es bei ihm nicht. Lieber stellt er sich selbst an den Herd“, erzählt seine Mutter. Das Gleiche gelte für ihre 20 Jahre alte Tochter Teresa, die Medienwissenschaft und BWL in Bayreuth studiert. Zum Glück helfe sie am Wochenende im Gasthaus tüchtig mit. „Da verdient sie sich was.“

Mädchen wälzt Rezept-Zeitschriften

Auf gutes Essen werde ohnehin nicht nur in der Gläßl-Linie großer Wert gelegt, sondern auch in ihrem eigenen Elternhaus in Thierstein, dem Bauernhof Schoberth, erzählt die Wirtshaus-Chefin. „Jedes Wochenende wurde bei uns gebacken. Kuchen gab es immer.“ Ihr selbst machte das so viel Spaß, dass sie sich im örtlichen Lebensmittelladen oft Zeitschriften mit Rezepten kaufe und sie ausprobierte. „Was gut war, schrieb ich mir in ein Ringbuch. Das habe ich bis heute.“

Vater formt Ausstechform zur Träne

Eines Tages entdeckte Margit Gläßl in einem Dr.-Oetker-Heft ein Rezept für Freudentränen. Doch wer hat schon eine Tränen-Ausstechform? Ihr Vater formte ihr einfach eine andere um. „Heute ist die Träne längst weg, aber die Plätzchen backe ich immer noch. Jetzt sind halt Freudenherzen daraus geworden.“ Diese Sorte dürfe in ihrer Familie zu Weihnachten auf keinen Fall fehlen. „Wir mögen es alle gerne schokoladig.“

Als Margit Schoberth schwer aktiv

Als sie noch in Thierstein lebte, buk die damalige Margit Schoberth im Advent mindestens 15 Sorten Plätzchen und verschenkte sie auf Weihnachtsfeiern. So viel Zeit hat die Gastwirtin zwar längst nicht mehr, aber Plätzchen verteilt sie immer noch: Ab dem ersten Advent bekommt jeder, der ein Heißgetränk im „Gut“ bestellt, ein selbst gebackenes Plätzchen von ihr dazugelegt. Zwar wollten etliche Gäste auch gerne welche bei ihr kaufen, aber das sei nur selten möglich, weil ihr zu wenig Zeit zum Backen bleibe.

Traum von eigenen Café

„Mein Traum war immer ein kleines Café – stattdessen habe ich jetzt ein großes Narrenhaus“, erzählt Margit Gläßl lachend: „ Immerhin sind es fast ausschließlich nette Narren.“

Adventskalender mal anders: In der neuen Frankenpost-Serie erklärt täglich ein Backprofi aus dem Kreis Wunsiedel, warum er eine Plätzchensorte sagenhaft gut findet und wie sich diese Leckerei am einfachsten zubereiten lässt.


Rezept für Freudentränen oder Freudenherzen

Zutaten für den Teig:

  • 175 Gramm Butter
  • 100 Gramm Puderzucker
  • 1 Vanillezucker
  • 1 Ei
  • 6 Topfen Rumaroma
  • 2 Tropfen Bittermandelaroma
  • 1 Messerspitze  Kardamom
  • 1 Messerspitze  Nelken
  • 1 Messerspitze  Zimt
  • Alternativ: 1/4 Teelöffel  weihnachtliche Gewürzmischung wie Lebkuchengewürz
  • 250 Gramm Mehl
  • 30 Gramm Kakao

Zutaten für die Füllung:

  • Nougatmasse oder Nutella
  • Zartbitterkuvertüre

Zubereitung:

  • Die Zutaten zu einem Mürbeteig verarbeiten, mindestens eine  Stunde lang oder über Nacht kalt stellen.
  • Teig dünn  zwischen Frischhaltefolie ausrollen, damit er nicht klebt.
  •  Tränen oder Herzen ausstechen.
  • Bei 180 Grad  Ober- Unterhitze  etwa 10 Minuten lang  backen, abkühlen.
  • Gebäck  dünn mit Nougat oder Nutella bestreichen, zusammenkleben, und zur Hälfte in Schokolade tauchen.

Gut vor der Weihnachtsmaus verstecken!

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