Schweinerei: Der Mühle wurde das Z geklaut

Von Uwe Renners

Eine Geschichte, die mit A anfängt, mit Z aufhören müsste, beim S aber ausgebremst wird. Das ist die Geschichte von Günther und Claudia Leibinger, die im Ahorntal in der Einöde Schweinsmühle leben, die eigentlich Schweinzmühle heißen müsste. Seit Jahren kämpft das Ehepaar dafür, dass sie ihr Z wiederbekommen. Aber von vorne, also beginnend mit A wie Ahorntal.

 
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Dort im Ahorntal an der Staatsstraße 2185 in unmittelbarer Nachbarschaft zur Burg Rabenstein, Falknerei, Sophienhöhle und Klaussteinkapelle liegt die, wir nennen sie jetzt Schweinzmühle, von Claudia und Günther Leibinger. Die Mühle war ein Lehen der Ritter von Rabenstein, die fast sechs Jahrhunderte lang auf Burg Rabenstein gehaust haben und denen auch die benachbarten Rittergüter Rabeneck, Kirchahorn, Weiher und Adlitz gehörten.

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Pferdefuhrwerke

Günther Leibinger ist im ersten Stock der Mühle geboren und hat mit Unterbrechungen immer wieder dort gelebt. Die Straße ging damals noch fast direkt über den Hof, „aber es gab auch nur Peferdefuhrwerke“, weiß der 66-Jährige. Jetzt ist die Straße verlegt und nur die Motorradfahrer stören im Sommer die Idylle. Wo einst die Ritter kämpften stehen dann in den Sommertagen die Einsatzkräfte der Polizei und messen die Geschwindigkeit.

Günther Leibinger hat 1971, damals lebten die Eltern noch, mit dem Umbau der Mühle begonnen. „Seitdem hat es nicht aufgehört“, sagt er und schmunzelt. Der geplante Abriss war nicht möglich, der Denkmalschutz kam dazwischen. 1973 hat er seine Frau Claudia kennengelernt. Die gebürtige Waischenfelderin ist mit der Gegend eng verbunden und gehört zu den Gründerinnen der Waischenfelder Burgmadls, eine Gesangsgruppe, die auch außerhalb des Ahorntals Fans hat.

Abriss

Im Nachhinein sind die Leibingers nicht böse drum, dass der Abriss nicht geklappt hat, sie fühlen sich wohl in dem geschichtsträchtigen Gemäuer, an dessen Eingang für jeden Besucher ein Stein aus dem Jahr 1769 zu sehen ist. Und Besucher kommen regelmäßig. Da, wo der Mühlstein war, ist heute eine Ferienwohnung, in der bis zu zehn Personen Platz finden. Wenn die belegt ist, verdoppelt sich die Einwohnerzahl der Einöde mit ihren drei Häusern.

Die Bewohner der Einöde nennen sich liebevoll A-Öder. „Hier hält man zusammen“, weiß Burgmadl Claudia. Die Männer gehen gemeinsam in den Wald, „schon wegen der Sicherheit“ und die Frauen sorgen dafür, dass bei der Rückkehr Essen und Trinken auf dem Tisch stehen. Etwas altmodisch, aber das stört niemanden. Claudia Leibinger: „Wer hier lebt, der gehört zur Familie.“

Einsamkeit

Während Günther Leibinger bereits sein rastloses Rentnerleben genießt („Er hat immer etwas zu tun“) geht Claudia Leibinger noch ihrer Arbeit in der Uniklinik in Erlangen nach. Aber auch wenn die 59-Jährige einmal ihren Job an den Nagel hängt, Angst vor der Einsamkeit hat sie nicht. „Wir leben hier zwar in einer Einöde, aber ein Auto haben wir ja auch“, sagt sie und schwärmt von den Vorzügen der Schweinzmühle. Das Leben in der Natur, das gute Wasser aus dem eigenen Brunnen und der Schwimmteich zwischen den zwei Fischteichen, all das ist ein Stück Lebensqualität, um das sie manch Großstädter beneidet. Viele Feriengäste kommen genau aus diesen Gründen immer wieder. „Ich habe mich hier immer sehr wohlgefühlt und bin auch dankbar, hier leben zu dürfen“, sagt sie. Im Frühling genießt sie die Tulpen, im Herbst den Blick auf die farbenprächtigen Wälder und im Winter den Schnee („Sie muss ihn ja auch nicht wegschieben“, sagt ihr Mann). Die 59-Jährige möchte nie woanders wohnen. Und wenn sie das sagt, dann strahlen ihre Augen. So sehen Menschen aus, die zufrieden sind.

Die Sache mit dem Z

Oder fast zufrieden. Wäre da nicht die Sache mit dem Z und dem S. Eine historische Angelegenheit. Als im Jahre 1635 die Waischenfelder die Burg Rabenstein belagerten und sie teilweise zerstörten, ging auch die Schweinzmühle in Flammen auf. Später mussten sie die Waischenfelder wieder aufbauen. Die Mühle blieb dann Rabensteinisch bis zum Erlöschen des Rittergeschlechtes im Jahre 1742. In der 500 Jahre alten Geschichte der Schweinzmühle wechselten nicht nur die Besitzer, auch die Namensgebung änderte sich mehrmals.

Die Mahl- und Schneidemühle aus dem Jahr 1509 wird in einer Urkunde aus dem Jahre 1520 unter ihrem ersten Besitzer Hans Mulner „Sweynczmüll“ genannt, die nächste Erwähnung 1536 mit „Schweiniczmul“ und knapp ein Jahr später schreibt man noch „Schweintzmule“. Fast eineinhalb Jahrhunderte später heißt die Ortsbezeichnung bei Geburtseintragungen „Müller auf der Schweinitz“, irgendwann Schweinzmühle. Es ist im Nachhinein nicht nachvollziehbar, warum im bayerischen Ortsnamenverzeichnis von 1904 die „s“-Schreibung erscheint, die bis heute auf den Karten, mittlerweile auch bei Google Maps, Bestand hat. Auch deshalb nicht, weil die Ämter und Behörden fast ohne Ausnahme auch nach 1904 die Mühle in der herkömmlichen Schreibweise, also mit „z“ schreiben.

Petition

„Ich habe den Landrat auf meiner Seite“, sagt Claudia Leibinger. Der schreibt alle Briefe zur Schweinzmühle mit „z“. „Ich werde eine Petition an den Landtag richten“, sagt die 59-Jährige. Damit die Aufschrift auf dem großen grünen Schild vor der Haustür wieder so geschrieben wird, wie auf dem kleinen an der Bushaltestelle zwei Meter weiter.

Also doch ganz schön was los in der Einöde, deren Geschichte mit A anfängt und nur mit einem Buchstaben enden kann: dem Z.