Schule soll später anfangen Neues Ganztags-Grundschulmodell ab dem kommenden Schuljahr

Von Sarah Bernhard
Kommunikation, Teamarbeit, Sinneswahrnehmungen: In einer Ganztagesklasse, wie hier in Weidenberg, haben Grundschüler viel länger die Möglichkeit, diese Fähigkeiten zu lernen. Zum Beispiel beim Spiel „Froschteich“, bei dem die kleinen Frösche sich absprechen müssen, um beim Hüpfen nicht von denn Seerosen-Teppichen zu fallen. Foto: red Foto: red

Schule von 8 bis 13 Uhr, das war einmal: Immer häufiger bleiben heute auch Grundschüler bis nachmittags in der Schule. Zwei Ganztagsmodelle gibt es im Landkreis bereits, ein drittes soll im kommenden Schuljahr folgen: die rhythmisierte Tagesschule. Sie ist besonders für Langschläfer geeignet.

 
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Weil die Schüler wegbleiben, sind einige der kleineren Schulen im Landkreis in ihrer Existenz gefährdet. Die Grundschule Wiesenthau (Landkreis Forchheim) war das auch. Bis sie sich vor acht Jahren etwas ausdachte, das so bisher nur wenige Schulen praktizieren: Die Schule beginnt später, es gibt mehr Pausen – und die rund 60 Grundschüler können von 7.30 Uhr bis 15.30 Uhr betreut werden, ohne dass mehr Lehrer eingestellt werden müssen.

Schule beginnt erst um 8.45 Uhr

Rhythmisierte Tagesschule heißt dieses Modell, ab dem nächsten Schuljahr will es auch eine Schule im Landkreis anbieten. Welche ist noch geheim, weil die Verhandlungen noch laufen. Fest stehe aber, dass der spätere Schulstart eher dem kindlichen Rhythmus entspreche, sagt Ulrike Kratz, Rektorin der Grundschule Wiesenthau. Zwar beginnt die Betreuung schon um 7.30 Uhr, die Schule aber erst eineinhalb Stunden später. Auch die längeren Pausen zwischen den Unterrichtseinheiten kämen dem Rhythmus der Kinder entgegen, sagt Kratz. „Die sind in der fünften und sechsten Stunde nicht so ausgepowert.“

Die Betreuung zwischen und nach dem Unterricht übernehmen in Wiesenthau sechs Frauen. Für die Eltern fallen trotzdem nur 2,25 Euro pro Tag an. Fürs Mittagessen. Den Rest übernehmen Gemeinde und Freistaat.

Fußball wird später gespielt

Die Frauen helfen bei den Hausaufgaben, bieten Schach oder Theater an, dank einer Kooperation mit der Musikschule können die Kinder zudem direkt in der Schule ein Instrument lernen. „Wir versuchen, das anzubieten, was gewünscht wird“, sagt Rektorin Kratz. Denn nur, wenn alle mit einbezogen werden, könne dieses Modell funktionieren. „Und die, die zum Fußball wollen, gehen normalerweise sowieso erst später.“

Einzig die Lehrer hätten sich erst damit versöhnen müssen, dass sie nicht nur von acht bis eins Schule haben. Das sei vor allem für diejenigen schwierig, deren Kinder – von 8 bis 13 Uhr – an eine staatliche Grundschule gingen, sagt Kratz. Andererseits seien ihre Lehrer jetzt weniger gestresst. „Und es wird nicht nur das Miteinander der Kinder gestärkt. Auch wir haben viel mehr Zeit, Dinge zu besprechen.“

Die beiden anderen Modelle

Gebundene Ganztagsklasse in Weidenberg: Maximilian Löwel (8) geht in die gebundene Ganztagsklasse – und will auf keinen Fall wieder weg. „Ich habe ihm angeboten, dass er wechseln kann, aber er wollte bleiben“, sagt Mutter Sandra. 42 Prozent der Weidenberger Schüler besuchen bereits eine gebundene Ganztagsklasse, bei der die Kinder an vier Tagen pro Woche bis 15.30 Uhr in der Schule bleiben.

Mittwoch ist „Kooperationsnachmittag“: Die Klassen werden aufgelöst, jedes Kind kann wählen, ob es die Schule als Modell nachbauen, mit Steinen oder Wachs basteln oder seine fünf Sinne entdecken möchte (siehe Foto). An den übrigen Tagen machen die Kinder nachmittags Aufgaben mit dem Klassenlehrer oder spielen. Organisiert wird die Betreuung von einem Förderverein. „Ich könnte dass alleine nie bewältigen“, sagt Schulleiter Reinhard Müller. Am Anfang war er skeptisch, „Ich dachte, da kommen nachmittags gebrochene Seelen raus.“ Heute ist er überzeugt: „Seit wir die Ganztagsschule haben, sind viel weniger Kinder sozial auffällig.“

Halbtag mit Hortbetreuung in Eckersdorf: Wenn Bedarf da ist, wollen wir ihn auch decken“, sagt Verwaltungsleiter Bernhard Brosig. Und Bedarf nach Hortbetreuung ist in Eckersdorf da: Gerade erst wurde eine zweite Hortgruppe eingerichtet. Bis 17 Uhr können die Grundschüler dort betreut werden, sie bekommen Hilfe bei den Hausaufgaben, können die übrige Zeit spielen oder Sport machen. „Wenn wir dieses Angebot nicht hätten, würden Eltern, die arbeiten müssen, ihre Kinder auf eine andere Schule schicken“, sagt Schulleiter Roland Härtel. Im letzten Jahr musste er deshalb mehrere Gastschulverhältnisse genehmigen.

Die Hortbetreuung ist das älteste der Betreuungskonzepte: Es wurde schon 1993/94 eingeführt. 25 Betreuungsgruppen an zwölf Schulstandorten gibt es mittlerweile im Landkreis, das macht mehr als 300 betreute Kinder. In Eckersdorf war die Einrichtung der neuen Hortgruppe recht einfach: Die ehemalige Hausmeisterwohnung war frei. „Für Gemeinden, die den Platz erst schaffen müssen, wird es richtig teuer“, sagt Brosig.

"Ganztags-Angebote sind wichtig für das soziale Lernen"

Werner Lutz ist Schulrat beim Staatlichen Schulamt und kennt sich mit Ganztagsangeboten aus.

Herr Lutz, wie sinnvoll sind Ganztags-Grundschulen? Wir haben den Stoff früher doch auch an einem Vormittag geschafft.
Werner Lutz: Ganztags-Angebote sind äußerst wichtig für das soziale Lernen der Schüler, weil sie viel mehr Fördermöglichkeiten bieten. Außerdem sind sie ein notwendiges Angebot für unsere Familien, die heute anders strukturiert sind als vor einigen Jahrzehnten: Großeltern stehen häufig nicht mehr zur Betreuung bereit und auch die Strukturen in der Arbeitswelt haben sich verändert.

Sind solche Ganztags-Angebote an jeder Grundschule möglich?
Lutz: Das hängt davon ab, ob es eine entsprechende Nachfrage für eine Ganztagsklasse oder eine Mittagsbetreuungsgruppe von Seiten der Eltern gibt. Bei zu geringer Nachfrage an einem Standort kann es zu Engpässen kommen, weil eine Ganztagsklasse oder eine Mittagsbetreuungsgruppe dann eventuell nicht eingerichtet werden kann.

Wenn ich ein Ganztagesangebot nutzen möchte, meine zuständige Schule aber keines anbietet, kann ich dann einfach die Schule wechseln?
Lutz: Die meisten unserer Grundschulen bieten inzwischen Mittagsbetreuung oder eine gebundene Ganztagsklasse an. Falls es tatsächlich in der zuständigen Sprengelschule kein Angebot gibt und aufgrund zu geringer Nachfrage auch keines eingerichtet werden kann, können Eltern einen Gastschulantrag stellen. Wenn er von den beteiligten Kommunen und auch von den beteiligten Schulen befürwortet wird, ist in Einzelfällen ein Wechsel möglich.

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