Schon vor der Anklage Bayernengel sitzt in Haft

Von Thorsten Gütling
In der früheren Gaststätte zum Hirschen in Glashütten hatte der gemeinnützige Spendensammelverein Bayernengel bis Mitte Dezember sein Hauptquartier. Dann stürmte die Polizei das Haus, nahm den Vorsitzenden fest. Foto: red

Der frühere Vorsitzende des gemeinnützigen Spendensammelvereins Bayernengel e.V. sitzt bereits in Haft. Und zwar bis mindestens Mitte des nächsten Jahres. Dabei hat die Staatsanwaltschaft Bayreuth wegen der Machenschaften des Vereins - zunächst in Speichersdorf, später in Glashütten - noch nicht einmal Anklage gegen ihn erhoben.

 
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Der Mitte Dezember festgenommene 43-Jährige sitze noch nicht in Untersuchungshaft, sondern sitze zunächst eine Haftstrafe wegen früherer Delikte ab, erklärt der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel auf Nachfrage.

Die Liste der Vorwürfe gegen den bereits mehrfach vorbestraften Mann ist lang (der Kurier berichtete). Wegen Drogengeschäften saß er bereits im Gefängnis. Höhepunkt seiner kriminellen Vergangenheit ist ein Tötungsdelikt, das er Mitte der 90er Jahre in einer Gaststätte in Pottenstein begangen haben soll. Jetzt könnten weitere Vorstrafen dazu kommen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit nunmehr einem halben Jahr wegen Betrugs, Sozialversicherungsbetrugs und Veruntreuung von Spendengeldern. Die Ermittlungen dauern noch an. Ein Anklagepunkt wird aber voraussichtlich auf Vorenthalten von Arbeitsentgelt, kurz Sozialversicherungsbetrug, lauten.

Wie frühere Mitarbeiter des Vereinsvorsitzenden dem Kurier erklärten, soll der damals 42-Jährige die Notlage Drogensüchtiger und Obdachloser ausgenutzt, sie zum Betteln und Hausieren gezwungen und von den Spendengeldern seinen ausschweifenden Lebenswandel finanziert haben. Dabei trat der frühere Vereinsvorsitzende in der Öffentlichkeit als Wohltäter auf, sprach vor Schülern vor den Folgen des Drogenmissbrauchs. Gleichzeitig sollen sich in der Glashüttener Vereinszentrale regelrechte Drogenorgien abgespielt haben. Frühere Mitarbeiter berichten von Kurierfahrten nach Tschechien, einer Atmosphäre der Angst im Vereinsheim, Berufsschlägern und Kampfhunden.

Mitte Dezember rückte schließlich die Polizei zu einer Razzia in Glashütten an und nahm den Vorsitzenden fest. Weil er noch vor Ort seinen Einspruch gegen zwei andere Urteile zurückzog, darunter Fahren unter Fahrerlaubnis und Urkundenfälschung, sitzt er heute in Strafhaft. Was an den Vorwürfen der früheren Mitarbeiter dran ist und ob im Vereinsheim der Bayernengel Drogen gefunden wurden, will Potzel im Gespräch mit dem Kurier nicht sagen. Er verweist auf das laufende Ermittlungsverfahren. Die Anklage soll noch in diesem Jahr erhoben werden. Mit dem Prozessauftakt rechnet der Leitende Oberstaatsanwalt erst im nächsten Jahr. Zahlreiche Zeugen sollen gehört werden.