Thema Schlagloch-Soli: Rasch beerdigt

Von Rudi Wais

Schneller hat die SPD selten eine unausgegorene Idee beerdigt. In einem Land, in dem die Liebe zum Auto gelegentlich pathologische Züge annimmt, überlegt es sich jede Partei zweimal, was sie den Autofahrern noch alles zumuten will. Eine Pkw-Maut für Inländer gehört eindeutig nicht dazu – und der Schlagloch-Soli von Torsten Albig schon gar nicht.

 
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Natürlich ist es nur ein Zufall, dass der Vorschlag des Kieler Ministerpräsidenten genau an dem Tag die Republik beschäftigt, an dem das Finanzministerium einen neuen Rekord bei den Steuereinnahmen vermeldet. Albigs wichtigstes Argument jedoch, ohne seine Sonderabgabe könne der Staat nicht genügen Geld in den Ausbau und den Erhalt seines Straßennetzes stecken, wird dadurch nicht minder eindrucksvoll entwertet.

So lange die gute Konjunktur dem Fiskus mit der Regelmäßigkeit eines Schweizer Uhrwerks zu unerwarteten Mehreinnahmen verhilft, verbietet sich jede Diskussion über eine weitere Belastung seiner Bürger. Die sieben Milliarden Euro, die Bund, Länder und Gemeinden jedes Jahr zusätzlich für das Sanieren von Brücken und Straßen veranschlagen, sind da – sie müssen lediglich durch Einsparungen an anderer Stelle finanziert werden.

Wenn das Albig-Prinzip Schule macht, könnte sich das Kabinett entspannt zurücklegen. Gesundheitsminister Gröhe würde zur Finanzierung seiner Pflegerform einen Pflege-Soli einführen, Entwicklungsminister Gerd Müller einen Flüchtlings-Soli für die Opfer des syrischen Bürgerkrieges und Verkehrsminister Alexander Dobrindt einen Internet-Soli für schnelle Datennetze auf dem Land. Eine Abgabe von 100 Euro pro Auto und Jahr für einen Sonderfonds zur Sanierung von Straßen wäre nichts anderes als das Eingeständnis politischen Unvermögens. Wie reagiert ein Staat, der seinen Bürgern schon in guten Zeiten in die Rentenkassen greift und sie mit neuen Abgaben traktiert, erst in der nächsten Rezession?

Im günstigsten Falle war Albigs Vorstoß eine Art Weckruf – mit dem Ziel, die Verkehrspolitik mit ihrem Sanierungsstau im Berliner Verteilungskampf nicht noch weiter unter die Räder kommen zu lassen. Im ungünstigsten Fall arbeitet der ehrgeizige Albig auf eigene Rechnung, indem er sich nach dem Streit um die Energiewende mit einer weiteren Breitseite gegen die Bundespartei als eine Art Querkopf aus Kiel zu profilieren versucht, als neuer Steinbrück womöglich gar. Die harschen Reaktionen aus der SPD sprechen jedenfalls für sich.


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