So lange die gute Konjunktur dem Fiskus mit der Regelmäßigkeit eines Schweizer Uhrwerks zu unerwarteten Mehreinnahmen verhilft, verbietet sich jede Diskussion über eine weitere Belastung seiner Bürger. Die sieben Milliarden Euro, die Bund, Länder und Gemeinden jedes Jahr zusätzlich für das Sanieren von Brücken und Straßen veranschlagen, sind da – sie müssen lediglich durch Einsparungen an anderer Stelle finanziert werden.
Wenn das Albig-Prinzip Schule macht, könnte sich das Kabinett entspannt zurücklegen. Gesundheitsminister Gröhe würde zur Finanzierung seiner Pflegerform einen Pflege-Soli einführen, Entwicklungsminister Gerd Müller einen Flüchtlings-Soli für die Opfer des syrischen Bürgerkrieges und Verkehrsminister Alexander Dobrindt einen Internet-Soli für schnelle Datennetze auf dem Land. Eine Abgabe von 100 Euro pro Auto und Jahr für einen Sonderfonds zur Sanierung von Straßen wäre nichts anderes als das Eingeständnis politischen Unvermögens. Wie reagiert ein Staat, der seinen Bürgern schon in guten Zeiten in die Rentenkassen greift und sie mit neuen Abgaben traktiert, erst in der nächsten Rezession?
Im günstigsten Falle war Albigs Vorstoß eine Art Weckruf – mit dem Ziel, die Verkehrspolitik mit ihrem Sanierungsstau im Berliner Verteilungskampf nicht noch weiter unter die Räder kommen zu lassen. Im ungünstigsten Fall arbeitet der ehrgeizige Albig auf eigene Rechnung, indem er sich nach dem Streit um die Energiewende mit einer weiteren Breitseite gegen die Bundespartei als eine Art Querkopf aus Kiel zu profilieren versucht, als neuer Steinbrück womöglich gar. Die harschen Reaktionen aus der SPD sprechen jedenfalls für sich.
politik@rnt.tmt.de