Schauspielwanderungen als „Zeitreise“ Theater erinnert an Operation Grenzstein

Spurensuche bei Wildenau: Mareike Schwab, André Gießübl, Maria Oberleitner und Florian Wein Foto: /Ovigo

Der Theaterverein Ovigo aus Regensburg will mit seinem Projekt „Fingierte Grenzen“ eine Geheimdienstaktion aufarbeiten. Schauplatz ist unter anderem Wildenau.

 
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Selb/Regensburg - Mit fingierten Grenzanlagen versuchte die kommunistische Regierung in der Tschechoslowakei in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, ihre Bürger an der Flucht nach Westdeutschland zu hindern. Diese falschen Grenzanlagen – inklusive Schranken, Verwaltungsgebäuden, Schildern und Grenzhäuschen – entstanden auch in der Nähe von Asch, Eger und Marienbad. „Akce Kameny“ hieß die Aktion: Operation Grenzstein. Dieses historische Thema greift das Ovigo-Theater aus Regensburg auf. Geplant ist für das kommende Jahr ein deutsch-tschechisches Theater-Projekt. Das geht aus einer Mitteilung des Theaters hervor.

Mit 112 Terminen und über 2600 Besuchern hat das Ovigo-Theater im Jahr 2021 mit seinem Projekt „Zeitreisen“ einen Erfolg gefeiert. Die „Zeitreisen“ sind geführte Schauspielwanderungen zu den Burgen Murach, Thanstein und Schellenberg.

Internationales Projekt

Für 2022 kündigt nun der künstlerische Leiter Florian Wein „ein internationales Projekt“ an. „Damit durchbrechen wir für uns eine Art Schallmauer“, schreibt der Regensburger.

Die Zeitreise „Fingierte Grenzen – Auf den Spuren der Aktion ‚Kámen‘ “ wird es demnach ab dem Sommer an vier verschiedenen Grenzstandorten geben – als zweisprachiges Theatererlebnis für Deutsche und Tschechen, gespielt von etlichen Theaterakteuren aus beiden Ländern.

„Dafür arbeiten wir mit deutschen Theatergruppen wie dem Festspielverein Bärnau oder dem Modernen Theater Tirschenreuth zusammen – genauso wie wir Verbindungen nach Tschechien aufgebaut haben und zahlreiche Spieler aus unserem Nachbarland mit einbinden“, sagt Wein, der auch die Regie übernimmt.

Autorin Václava Jandečková

Das Thema „Zeitreise“ hat die Autorin und Wissenschaftlerin Václava Jandečková für das Ovigo-Theater geschrieben. In den Jahren 1948 bis 1951 errichtete die tschechoslowakische Geheimpolizei an mehreren Stellen im westlichen Grenzland eine fingierte Staatsgrenze mit falschen deutschen Zollämtern und Amtsräumen der amerikanischen Spionage-Abwehr. Flüchtlinge wähnten sich bereits im sicheren und freien Westen, ohne zu wissen, dass die Grenze, die sie übertreten sollten, nicht echt war. Unzählige Menschen fielen dieser Aktion zum Opfer.

„Wir möchten an diese wahnwitzige Geheimdienst-Aktion erinnern, denn sie darf nicht vergessen werden“, sagt Wein. „Dies sind Geschichten, die sich unmittelbar vor unserer Haustür abgespielt haben und von denen wir lange nichts wussten.“ Der Theaterverein möchte mit der neuen „Zeitreise“ nicht nur durch die Natur wandern und unterhalten, sondern einen „wichtigen Beitrag zur Erinnerungs- und Versöhnungskultur leisten“, schreibt der Ovigo-Chef.

Falsche Grenzen und Zollhäuser

Die falschen Grenzen und Zollhäuser existieren teilweise noch heute und demonstrieren, welch menschenverachtende Machenschaften sich mitten in der Grenzregion abgespielt haben. „Fingierte Grenzen“ spürt dieser scheinbar vergessenen Zeit aus dem Kalten Krieg nach und führt zu Original-Relikten der Aktion ‚Kámen‘. Das Stück wird – jeweils leicht regional angepasst – an vier verschiedenen Routen erlebbar sein: bei Bärnau/Pavlova Hut, bei Selb-Wildenau/Aš, bei Waldsassen / Svatý Kříž und bei Stadlern/Bělá nad Radbuzou

Die Routen beginnen laut Mitteilung alle auf deutscher Seite und führen schließlich über einen Wanderweg nach Tschechien – stets auf den Spuren der Aktion „Kámen“. Die Tour von Stadlern im Landkreis Schwandorf ist ein Wander-Special mit rund acht Kilometern Strecke. Die anderen drei Routen sind jeweils rund vier Kilometer lang.

Premiere in Bärnau

Die Premiere des Gesamtprojekts wird am 4. Juni mit der Tour von Bärnau sein, heißt es in der Ankündigung. Zeitlich versetzt beginnen dann auch die anderen Standorte mit dem Spielbetrieb. Für jede Route gibt es insgesamt acht reguläre Termine. Sämtliche Touren können auch als Gruppe gebucht werden.

Die Projektleitung hat ihre Arbeit dafür schon aufgenommen. Mareike Schwab, Maria Oberleitner, André Gießübl und Petra Sommer-Stark arbeiten für das Ovigo-Theater in enger Zusammenarbeit mit der Autorin Václava Jandečková an der Vorbereitung und sind derzeit vor allem damit beschäftigt, die Schauspieler und Gästeführer einzuteilen.

Regisseur Florian Wein möchte zudem dazu ermuntern, sich zu melden, wenn man mitmachen möchte: „Wer Deutsch und/oder Tschechisch spricht, mindestens 16 Jahre alt ist und Lust hat, mit Ovigo ein ganz besonderes Abenteuer in unserer spannenden Grenzregion zu erleben, kann sich jederzeit melden.“ Interessierte können eine E-Mail schreiben an info@ovigo-theater.de oder anrufen unter 09676/9238456. red

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