Rosenau: Tolle Konzerte im Partytempel

Von Udo Meixner
I Heart Sharks aus Berlin brachten beim Kneipenfestival 2011 die Rosenau zum Toben. Foto: Archiv/Peter Kolb Foto: red

Die Rosi war nicht nur Bayreuths bekannteste Partylocation – in dem betagten Ziegelbau waren auch richtig gute Konzerte zu erleben. Ende Oktober kamen beim Kneipenfestival traditionell die Fans von Elektro- oder Indieklängen auf ihre Kosten. Ein Rückblick nach dem Motto „Schön war die Zeit!“...

 
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So war es 2010

2010 zum Beispiel war es pickepackevoll im Saal der Rosenau. Bereits beim Auftritt der Kulmbacher Band Dadajugend Polyform kamen die Tanzenden ins Schwitzen. Ihr Elektro-Punk traf damals eben genau den Nerv der Zeit. Denselben Nerv beackerten dann, ab kurz nach Mitternacht, auch Grossstadtgeflüster aus Berlin. Sängerin Jen Bender gab trotz verletzten Knöchels Vollgas, das T-Shirt von Schlagzeuger Chriz Falk verschwand schon nach wenigen Minuten, die Temperatur stieg „bis auf 70 Grad“, wie Jen Bender schätzte. Das Publikum in der Rosenau tobte, skandierte aus vielen Hundert Kehlen die Refrains der Songs – „Ich muss gar nix!“, „Weil das morgen noch so ist“ – und sorgte dafür, dass der Saalbau eine packende Konzertstimmung wie selten zuvor erfuhr.

So war es 2011

Auch 2011 wurde die Rosi beim Kneipenfestival ihrem Ruf als Partylocation einmal mehr gerecht. Trashpop und Electrodisco gab es damals mit den Bands I Heart Sharks und Captain Capa. I Heart Sharks lieferten mit dem Hit „Neuzeit“ auch gleich den Ohrwurm des Festivals. Die Hände zur Partyfaust geballt, feierten die Fans im rappelvollen Saal.

„Those Dancing Days“ heißt einer der Songs von Fuck Art, Let’s Dance!. Und das war auch das Motto 2012 beim Kneipenfestival in der Rosenau. Schon zu Beginn des Auftritts der Hamburger zeigte sich der Saal gut gefüllt. Bereitwillig gaben Fuck Art, Let’s Dance! eine Zugabe nach der anderen. Sänger Nico Cham und Gitarrist Romeo Sfendules tummelten sich zum Ende der Show mehrfach im Publikum, saugten die positive Energie der Masse auf, um dann gegen Mitternacht sichtlich erschöpft und glücklich die Bühne zu räumen.

So war es 2012

Der Headliner des Jahres 2012 hies Vierkanttretlager. Musikalisch bewegte sich die Band mittendrin in der deutschen Indietradition zwischen Kettcar, Tocotronic und Turbostaat. Doch es gab auch ruhige Momente bei Vierkanttretlager – zum Beispiel wenn Frontmann Max Leßmann, nur begleitet an der akustischen Gitarre, „Am Ende denk ich immer nur an dich“ von Element Of Crime coverte. Dass Vierkanttretlager aber keine rein destruktiven Charaktere sind, das bewiesen sie mit versöhnlichen Songs wie „Das neue Gold“ („Alltag ist schön, wenn alles gelingt“) oder natürlich dem heimlichen Höhepunkt der Show: „Fotoalbum“. Der Song mit dem beschwingten Akkordeon, den Vierkanttretlager 2012 auch beim Bundesvision Song Contest präsentierten.

So war es 2013

Ganz anders war es dann 2013: Irgendwo zwischen Get Well Soon, Phoenix und Hot Chip zog die Band Abby damals ihre musikalischen Kreise. Dass man sich auf der Mannheimer Popakademie kennengelernt hatte, wirkte da zwar weniger glamourös – tat der Tatsache allerdings keinen Abbruch, dass Abby wohl eines der musikalisch anspruchsvollsten Konzerte in der langen Kneipenfestival-Historie lieferten.

So war es 2014

Einen besseren Einstieg in den Rosenauabend konnten Wrongkong aus Nürnberg 2014 eigentlich nicht abliefern, die Bayreuther Musikfans kannten die Band bereits vom Uni-Open-Air im Vorjahr. Zwar war zu Beginn noch viel Platz zum Tanzen, im Laufe des einstündigen Auftritts änderte sich das aber ziemlich schnell. Die Musik: eine Mischung aus Indie, Electro, Pop – mal ruhig, mal laut, mal langsam, dann schick tanzbar. Die kanadische Sängerin Cyrena Dunbar war dabei die treibende Kraft beim lupenreinen Gig, animierte das Publikum und war sich auch nicht zu schade, bei der Zugabe auch mal kurz über die Tanzfläche zu tanzen, während ihre Bandkollegen ein kleines Instrumental spielten.

Musikalisch ein ganz anderer Weg wurde später von Susanne Blech eingeschlagen. Vor allem weil sich die Schlagzahl der Beats verdoppelte. Hauptprotagonisten: Timon-Karl Kaleyta und das Bruderpaar Jerome und Jobin Vazhayil, die mit ihrem Auftritt auch ein knallhartes Fitnessprogramm ablieferten. Auf der Bühne ging nämlich ordentlich die Post ab, die Drei sprangen, tanzten und wirbelten wie verrückt herum und rappten ihre Hits, angefangen bei „1000 Jahre Kraftwerk“ über „Hände hoch, Feuerwehr“ bis hin zu „Die Katzen von Beate Zschaepe“. Das Ganze erinnerte sehr an Deichkind und Egotronic. Dem Publikum in der nun prall gefüllten Rosenau gefiel es, das obligatorische Selfie der Band rundete das Electro-Feuerwerk gut ab.

So war es 2015

„Wir sind Kampfsport aus Köln und wir sind beim Kneipenfestival für den Krawall zuständig!“ So stellte sich 2015 eine der Bands in der Rosi vor. Die wesentlichen Dinge waren mit den vier K-Wörtern damals auch gesagt. Man sollte aber der Vollständigkeit halber auch noch erwähnen, dass der Stilbruch beim Kneipenfestival gelang. Denn: Über Jahre hinweg dominierten beim Kneipenfestival in der Rosenau Elektrobeats. Doch im Fahrwasser von Bands wie Turbostaat und Love A hatten sich harte deutsche Gitarrenbands mittlerweile eine treue Fangemeinde erspielt – der Audiolith-Zug schien abgefahren. Die zweite Band des Kneipenfestivalabends 2015 waren Adam Angst aus Norddeutschland. Adam Angst wurde als Kunstfigur von Sänger Felix Schönfuss (ex-Frau-Potz und ex-Escapado) geschaffen und vereint Wut, schlechte Laune und Scheinheiligkeit in sich. Ein echter Kotzbrocken also. Dementsprechend ist er gleich im ersten Song „Jesus Christus“ zurückgekommen, um die Menschheit endgültig zu vernichten, doch dann geblendet wird von „Acht Millionen Klicks und einer Show auf Pro 7“. Zum Glück alles nur gespielt. Und das ziemlich gut: Denn der Hauptact des Abends in der Rosenau überzeugte damals mit nahezu perfekt arrangiertem Poppunk.

So war es 2016

Das beste von Bands wie den Kings of Leon, den Strokes oder Coldplay meinte man 2016 in William‘s Orbit vereint zu hören. In diesem Jahr hatten es die sympathischen Weidener auf die große Kneipenfestivalbühne in der Rosenau geschafft. Fröhlich und unbeschwert ging es danach auch bei den Kytes, der Hauptband des Abends, zu. Ihre Songs entwickelten live eine explosive, elektrisierende Wirkung und brachten die gesamte Masse vor der Bühne zum kollektiven Tanzen. Frontmann Michael Spieler sah schon nach kurzer Auftrittsdauer aus wie eine gebadete Maus, Sturzbäche aus Schweiß spiegelten sich auf der knallroten Gibsongitarre.

So war es am Anfang

In den ersten Jahren der seit 1992 währenden Kneipenfestivalgeschichte waren es zumeist lokale Bands, die im großen Saal der Rosenau, im kleinen Saal oder in der benachbarten Kneipe Auftrittsmöglichkeiten erhielten. Der Wunsch des damaligen Pächters Michael „Magoo“ Härtel an die Festivalveranstalter: „Im Saal bitte keinen Krach aber im ersten Stock könnt ihr machen, was ihr wollt!“ Und so kam es, dass auch Metalbands wie Scheißegal oder die Melodicpunks von SMP beim Kneipenfestival ihre Bühne bekamen.

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