Romy Büttner (8) holt schnell Hilfe für ihre 71-jährige Nachbarin Romy (8) rettet Rentnerin

Von Luisa Degenhardt
Die kleine Romi Schröder rettet Gerda Kraus in deren Wohnung in der Gellertstraße in Pegnitz aus einer lebensgefährlichen Situation. Foto: Ralf Münch Foto: red

Gerda Kraus lebt alleine. Mehrmals pro Woche bekommt sie Besuch von der achtjährigen Romy, die in ihrer Nachbarschaft lebt. An einem Tag im Oktober kam das Mädchen ebenfalls spontan vorbei – genau zum richtigen Zeitpunkt.

 
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Es war am Dienstag, 13. Oktober, gegen 12.30 Uhr, als die Trigeminus-Neuralgie Gerda Kraus außer Gefecht setzte. Diese schlimmen einseitigen Schmerzen, die „wie Blitze in den Kopf“ schießen, so die 71-Jährige. Am Morgen noch hatte sie im Garten gearbeitet, hatte sich immer wieder gebückt, um Äste aufzuheben. Dadurch hätten sich ihre Schmerzen verstärkt. Weil sie jedoch weiter werkeln wollte, nahm sie gegen Mittag die vierte Schmerztablette. „Die hat mich dann umgehauen“, sagt Kraus. Ihr wurde schlecht, sie setzte sich in ihren Sessel im Wohnzimmer, konnte die Arme nicht mehr heben, nicht mehr verständlich sprechen.

Blutdruck überprüft

Dann hörte sie die kleine Romy rufen. „Tante Gerda, bist du da?“ Gerda Kraus antwortete, dass es ihr nicht gutgehe und dass Romy heraufkommen solle. „Sie hat sich erschrocken, als sie mich gesehen hat“, erinnert sich die Seniorin. Romy wusste schnell, was zu tun war: Sie lief los und holte ihre Mutter Anett Schröder. Nicht gleich habe die ihr geglaubt, dass tatsächlich etwas passiert sei, sagt Romy. Die 42-Jährige folgte ihrem Kind dann aber doch. Sie überprüfte den Blutdruck und -zucker von Gerda Kraus.

Dann verständigte Anett Schröder den Notarzt. Sie erinnert sich noch genau daran, was passiert ist. Mit Gerda Kraus hat sie über die Geschehnisse gesprochen. Diese hat ihr erzählt, dass Romy gerufen hat: „Gerda, ich hole Hilfe, ich hole meine Mama.“ Anett Schröder hatte Gerda Kraus noch nie vorher so gesehen wie an diesem Tag – die schlimmen Schmerzen plagen die Rentnerin bereits seit dem Jahr 2010.

Glück, dass das Mädchen kam

Schröder erinnert sich, dass Gerda Kraus immer mal wieder weggetreten sei und sich übergeben habe. Was passiert wäre, wenn Romy nicht so schnell reagiert hätte, können weder Kraus noch Schröder sagen. Aber Gerda Kraus meint: „Das ist meine Lebensretterin.“ Es sei ein Glück gewesen, dass das Mädchen gekommen ist.

„Ich bin froh, dass sie schnell reagiert hat“, sagt Romys Mutter. Die Kleine kommt mehrmals die Woche vorbei, „seit ich zwei bin“, sagt Romy, die am Samstag ihren neunten Geburtstag feiert. Wenn sie zu Besuch ist, spielen die Gerda und Romy zusammen, zum Beispiel Fußball. „Oder ich fahre sie herum“, erzählt Gerda Kraus. So hat sich eine Freundschaft zwischen den beiden entwickelt. Auch wenn sich die Beiden zufällig auf der Straße sehen, kommt Romy spontan vorbei.

Zufällig krankgeschrieben

Zu der Zeit, als es ihrer Nachbarin so schlecht gegangen ist, war Romy zufällig krankgeschrieben. Am 12. Oktober waren ihr sechs Milchzähne gezogen worden. Am 13. fühlte sie sich schon wieder fit. „Sie wollte wieder rüber zu Tante Gerda“, sagt Anett Schröder, die in der mobilen Pflege arbeitet.

Romy kann sich noch genau an den Tag erinnern, als es ihrer Freundin so schlecht gegangen ist. Sie hat gleich gemerkt, dass etwas mit ihr nicht stimmt. „Dann bin ich rübergesaust“, erzählt das Mädchen. Als der Krankenwagen Gerda abgeholt hat, hat Romy geweint. „Aber Mama hat gesagt: ,Die kommt schon wieder‘“, sagt das Mädchen. Omas hat die Achtjährige nicht mehr. Ihre Mutter sagt, dass ihre beiden Töchter mit Pflegefällen groß geworden sind. So pflegte die Familie 14 Jahre lang Anett Schröders Schwiegermutter. Ihre eigene Mutter lebte sechs Jahre mit den Schröders unter einem Dach. Romy habe vielleicht deshalb so gut reagiert.

Schlimmer Anfall

Acht Tage vor der üblen Attacke ging es Gerda Kraus auch schon schlecht. Sie bekam eine Infusion, die Schmerzen wurden weniger. So einen schlimmen Anfall wie Mitte Oktober habe sie aber vorher noch nie gehabt, erzählt sie. Als sie daraufhin im Krankenhaus untersucht wurde, stellten die Ärzte erstmals fest, dass sie an einer Trigeminus-Neuralgie leidet. Bis zu dem Zeitpunkt seien die Ärzte davon ausgegangen, dass Gerda Kraus Schmerzen vom Kiefer und den Zähnen ausgehen, erzählt Anett Schröder. Sie sei deshalb immer zum Haus- und Zahnarzt gegangen. Sie wurde mit Infusionen und Schmerztabletten behandelt.

Damit ist es nun vorbei. Denn nach dem Vorfall im Oktober wurde sie in Bayreuth operiert. Dabei wurde ihr Hinterkopf geöffnet. Eine Silikonplatte verhindert nun, dass sich die Nerven berühren. Seit der Operation hat Gerda Kraus keine Schmerzen mehr, keine Schmerztablette hat sie seitdem mehr genommen. Vorbei sind die Zeiten, als sie ihre Nudelsuppe aus einer Schnabeltasse trinken musste. Vorbei die Zeiten, als sie wegen der Schmerzen nur eine Seite ihres Gesichts waschen konnte. Eines hat sich allerdings nicht verändert: Romy kommt immer noch mehrmals die Woche bei Gerda Kraus vorbei.

Ein Geschenk für Romy

So auch an diesem Abend. Kraus hat ein Geschenk für Romy. Als Dankeschön, weil sie so toll reagiert hat. Das Mädchen zerreißt das Geschenkpapier mit Pferdemotiven: „Au ja, das ist richtig!“, ruft Romy und bewundert ihr neues lilafarbenes Spielzeugpferd.