Raubtiere breiten sich aus Rotfüchse – schlau, einfallsreich, gefährlich

Klaus Zintz

Es gibt kaum ein erfolgreicheres Raubtier als den Fuchs. Doch das macht ihn für andere Arten auch gefährlich.

 
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Natürliche Feinde haben die Füchse in Deutschland kaum. Foto: Adobe Stock/WildMedia

Der Tod kam in der Dämmerung. Die beiden Zwergkaninchen Schlappi und Blacky durften in ihrem eingezäunten Gehege im Garten noch die letzten Sonnenstrahlen genießen. Doch als sie in ihr Hasenhäuschen eingeschlossen werden sollten, war es zu spät: Beide Tiere waren weg, nur ein paar Fellbüschel zeugten vom erfolgreichen Jagdzug eines Fuchses. Da Kaninchen eine ideale Beute für den hungrigen Nachwuchs sind, kam er prompt am nächsten Abend wieder vorbei. Doch dieses Mal saßen Menschen auf der Terrasse. Sie sorgten mit lauten Rufen und wildem Gestikulieren für eine rasche Flucht im Galoppsprung über den mehr als einen Meter hohen Zaun ins Nachbargrundstück.

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Rotfüchse in der Stadt sind seit den 1980er Jahren auch in Deutschland keine Seltenheit mehr. Im Gegenteil: Die urbane Umgebung ist für sie ein zunehmend attraktiver Lebensraum. Der Tisch ist reich gedeckt, Unterschlupf gibt es massenweise und gejagt wird in der Stadt so gut wie nicht. Nur mit dem Straßenverkehr müssen die Tiere zurechtkommen. Dem Fuchs geht es sowieso hierzulande ziemlich gut, da es natürliche Feinde wie Wolf, Luchs, Uhu und Steinadler kaum gibt. Dafür werden die Tiere recht intensiv bejagt, mehrere Hunderttausend bleiben in Deutschland alljährlich auf der Strecke – wobei sich Jäger und Naturschützer immer wieder in den Haaren liegen, ob es notwendig ist, die Tiere zu bejagen.

Das Raubtier mit dem roten Fell breitet sich immer weiter aus

Allerdings können Krankheiten dem Fuchs massiv zusetzen. Etwa die Tollwut, die bis Ende des vergangenen Jahrhunderts auch in Deutschland grassierte. Ihr fielen unzählige Füchse zum Opfer, entweder weil sie sich selbst infizierten oder weil sie vorsorglich getötet wurden, um die Seuchengefahr zu reduzieren. Letztlich brachte dann vor allem die großflächige Impfung von Füchsen mit Ködern, die mit einem Impfstoff versehen waren, die Seuche unter Kontrolle. Laut dem Robert-Koch-Institut trat der letzte Tollwutfall bei einem Fuchs 2006 auf. Nach wie vor gefährlich für die Tiere sind allerdings die durch Milben verursachte Räude sowie die von Viren hervorgerufene Staupe. Sie können Fuchsbestände lokal stark dezimieren.

Doch trotz Krankheiten und Jagd ist der Rotfuchs keineswegs gefährdet, sondern breitet sich immer weiter aus. Dabei kommt ihm zugute, dass er so anspruchslos wie anpassungsfähig ist. Als Allesfresser vertilgt er Beeren und Früchte genauso wie fleischhaltige Kost, ob Rehkitze, Kaninchen, Mäuse, Vögel, Eidechsen, Frösche, Heuschrecken oder Regenwürmer. Auch Aas verschmäht er nicht, im Kompost wühlt er ebenfalls gerne. Genauso vielseitig zeigt er sich bei der Wahl seiner Unterkunft. Um sich die Mühe eines eigenen Fuchsbaus zu ersparen, zieht er gerne in die unterirdischen Gemächer von Dachsen oder Kaninchen ein. Und in der Stadt sind die Möglichkeiten für Quartiere noch größer, egal ob unter einer Terrasse, in einer Garage oder einem Schuppen, in einem stillgelegten Abflussrohr oder in einem Unterschlupf auf einem Friedhof.

Der Rotfuchs bedroht den Polarfuchs

Auch im Hinblick auf seinen Lebensraum ist der Fuchs äußerst flexibel. Dieser reicht auf der Nordhalbkugel vom Hochgebirge bis zum Wattenmeer, vom Polarkreis bis in tropische Gebiete. Neben Nordamerika und Eurasien hat er sich sogar in Australien breit gemacht. Dorthin haben ihn die Engländer verfrachtet, um ihrem Jagdvergnügen zu frönen und damit der Fuchs die ebenfalls eingeschleppten Kaninchen dezimiert. Doch der Räuber hat sich nicht an diese Vorgaben gehalten, sondern stellt nach Kräften auch den einheimischen Tierarten nach.

Das ist hierzulande ebenfalls ein Problem. Auf der Suche nach Beute frisst der Fuchs alles, was ihm vor die Schnauze kommt – das können auch die Küken seltener Vogelarten sein, die am Boden brüten, wie Brachvögel und Kiebitze. Oder Seevögel auf Inseln, die per Straße oder Eisenbahn mit dem Festland verbunden worden sind. Hinzu kommt, dass sich der Rotfuchs in Europa im Zuge der Klimaerwärmung nach Norden ausbreitet. Dort aber ist der Polarfuchs zu Hause, der dank seines besonders dichten Fells die extrem kalten Winter übersteht. Dieses Fell wurde ihm in der Vergangenheit zum Verhängnis: Pelzjäger brachten auch im Norden Skandinaviens den Polarfuchs an den Rand der Ausrottung. Und obwohl er nun seit Langem geschützt ist, haben sich dort die Bestände kaum erholt.

Hilfsprojekt soll Lebensbedingungen des Polarfuchses verbessern

Der Rotfuchs wird seinem kleineren Verwandten gleich in doppelter Hinsicht gefährlich. Zum einen weil er ihn im Kampf direkt töten kann. Zum anderen weil er ihm die Nahrung wegfrisst. Nun hat die EU 2,3 Millionen Euro bewilligt, um im Norden Skandinaviens in einem bis 2026 dauernden Projekt die Lebensbedingungen für den Polarfuchs zu verbessern. Dazu gehört neben der Aufklärung der lokalen Bevölkerung vor allem die Jagd auf den Rotfuchs und die betreute Aufzucht von jungen Polarfüchsen, die dann ausgesetzt werden. Zudem werden Futtertonnen aufgestellt. Diese sind so gestaltet, dass sich der kleinere Polarfuchs die Vorräte sichern kann, der größere Rotfuchs aber nicht.