Minimal sind die Requisiten eingestreut, einmal genügen Bälle, die man einander zuwirft, um ein Tennisspiel vors innere Auge zu rufen. Das Theater verabschiedet sich von seiner Rolle als Illusionsmaschine und überlässt die Vorstellung ganz dem Zuschauer. Eine Einladung ans Kopfkino. Und das klappt gut.
Schauspielerisch ist noch mehr drin
Drei Hauptdarsteller und ein Libero wuppen den wüsten Ausflug in die Walachei. Michael Pöhlmann ist in der Premiere der Maik (andere Vorstellungen übernimmt Sascha Retzlaff), Lukas Stühle gibt den Tschick und den Vater, Bettina Wagner ist als Isa und Mutter und in zwei weiteren Rollen zu erleben, Katharina Leschinsky spielt nicht nur Musik, sondern auch Nebenrollen.
Wie's eben Premieren so mit sich bringen, war da noch Luft nach oben zu wittern: Zu sehr betont, verlieren Herrndorfs wunderbare Sätze ihre Leichtigkeit. Vor allem aber Lukas Stühle als Tschick und Bettina Wagner als Isa schwimmen sich da im Verlauf des Spiels schön frei. Pöhlmann ist in seinen besten Szenen ein schön verträumter Maik, darf sich künftig aber ein wenig zurücknehmen.
Leschinsky sagt in einer Nebenrolle einen Satz, der Rätsel aufgibt. Widerständler in der kommunistischen Gruppe „Ernst Röhm“ sei er während der NS-Zeit gewesen, sagt sie als Fricke. Da bleibt Kapoglou eng bei der Vorlage. Welcher Ernst nun? Kommunist Thälmann oder wirklich Nationalsozialist Röhm? Da wollte Herrndorf vermutlich zeigen, wie das ist mit der Erinnerung, der fehlerhaft rekonstruierten. Oder wie nah einander linke und rechte Sozialisten kommen können. Gut, dass Kapoglou diesen Stachel dringelassen hat.
Stimmiges Ende
Das Finale nach dem Ende des Romans? Der viel zu früh verstorbene Herrndorf konnte es nicht mehr vollenden. Der „Tschick“-Nachfolger „Bilder deiner großen Liebe“ blieb ein Fragment. So erzählt Kapoglou die Geschichte auf seine Art aus. Isa kommt noch mal zu Wort, sie und Maik können einander doch noch begegnen, auch Tschick ist dabei: Ja, das passt. Als Denkmal einer Freundschaft.
Ein guter Abend schon beim ersten Mal, und die volle Leichtigkeit wird sicherlich noch kommen. Dieses Sommermärchen hat ja erst begonnen. Schön, dass man's in diesem Herbst noch einige Male anschauen kann.