"Faserverbund-Oskar" für Forscher

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Ihre Sandwich-Bauteile verhalfen den Neuen Materialen Bayreuth (NMB) zu einer anerkannten Auszeichnung: Zusammen mit den Projektpartnern Airbus, BMW und BASF gewann die Forschungseinrichtung den Innovationspreis 2018 in Paris in der Kategorie Luft- und Raumfahrt.

 
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In der französischen Hauptstadt ist Anfang März die weltweit größte Faserverbundmesse (JFC World) veranstaltet worden. Dort nahm der NMB-Geschäftsführer Volker Altstädt den Preis mit seinem Team um Diplom Ingenieur Mathias Mühlbacher entgegen. Eine internationale Jury wählte aus Hunderten Bewerbungen aus aller Welt das Bayreuther Forschungsprojekt aus. "Das ist so etwas wie der Oskar der Branche", sagt Sprecherin Claudia Benedickt.

Leicht und dennoch fest

Denn in Bayreuth werden Faserverbundkunststoffe erforscht und mit ihnen außergewöhnliche Lösungen für den Leichtbau entwickelt. Mathias Mühlbacher über das Forschungsprojekt MAI Sandwich: "Wir beschäftigten uns damit, wie Sandwichstrukturen, die im modernen Leichtbau eingesetzt werden, kostengünstiger und schneller hergestellt werden können." Die Neuen Materialien sind Teil eines bayerischen Spitzenforschungsclusters, das sich mit Kohlefasern beschäftigt. Diese werden zum Beispiel in der Sportartikelindustrie verwendet. Die Fasern werden dabei in Kunststoff eingebettet. "Das Material ist extrem leicht, hoch steif und hoch fest", erläutert Mühlbacher. Ein "Hochleistungswerkstoff" der bislang nur kostspielig hergestellt werden konnte.

Für Aufsehen sorgte vor allem die radikale Verkürzung des Herstellungsprozesses: "Fünf Schritte werden dabei in einem zusammengefasst und nur noch ein Werkzeug wird benötigt", erklärt Benedickt. "Das ist ein gigantischer Qualitätssprung." Jenes „Fünf in Einem“-Verfahren sei im NMB-Technikum auf der 2500 Tonnen-Presse erprobt worden: Fünf Prozessschritte, die bisher einzeln nacheinander durchgeführt werden müssen, können nun auf einer einzigen Anlage umgesetzt werden. Das spare immense Kosten für die Fertigung.

Sandwich-Aufbau als Vorbild

Warum dient ein Sandwich den Materialforschern als Vorbild? Sandwichstrukturen bestehen aus einem geschäumten und sehr leichten Kern. Er wird von beiden Seiten mit einer faserverstärkten Deckschicht umgeben. Diese sorgt für die nötige Stabilität. "Der Schinken ist quasi der Schaumstoff und der Toast, also die beiden Deckschichten, der Kohlefaserkunststoff", beschreibt Mühlbacher den Aufbau eines solchen Leichtbauteiles.

Eingesetzt werden Sandwichstrukturen überall dort, wo es auf Gewicht und Stabilität ankommt. Türen, Dächer und Motorhauben aus thermoplastischen Sandwichverbunden können zum Beispiel in Elektrofahrzeugen für eine bessere Isolierung sorgen. Thermoplastisch heißt, die Materialien lassen sich unter dem Einfluss von Wärme verbiegen. Wenn im Winter weniger Energie für das Erwärmen des Innenraums benötigt wird und im Sommer weniger für die Klimatisierung, erhöht dies die Reichweite des Akkus. Die Sandwich-Bauteile verbessern die Festigkeit der Karosserie und damit die Personensicherheit. Crashs dürften somit leichter zu überstehen sein.

Airbus an Leichtbauteilen interessiert

Neben der Automobilindustrie ist auch die Luftfahrt ist an wirksamen Fertigungsverfahren interessiert. Bei der neuen A 320-Generation plane Airbus Stückzahlen von bis zu 70 oder mehr Flugzeugen pro Monat herzustellen."Das ist eine hoch spannende Geschichte, die Airbus bis 2028 realisieren will", sagt Mühlbacher. Die Leichtbauteile könnten zum Beispiel für Rumpf und Flügel eines Flugzeugs genutzt werden. Oder da, wo hohe Stückzahlen zu verwirklichen sind, zum Beispiel bei Sitzen, Gepäckfächern und Bodenstrukturen.

Besonders interessant für die beiden Industriebranchen sei jedoch die Taktzeit, teilt die NMB weiter mit. Das neue Verfahren verkürze die Herstellung der Leichtbauteile von bisher mehreren Stunden auf bis zu 2,5 Minuten. Bei Bedarf könnten auch noch Funktionselemente wie Befestigungen oder Versteifungen auf die Außenschicht gespritzt werden. Zusätzlicher Pluspunkt: Es können recycelte Carbonfasern in den Deckschichten verwendet werden.

NMB-Partner in der Forschungsgemeinschaft waren Airbus, BMW, BASF und der Lichtenfelser Werkzeugbauer Siegfried Hofmann.

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