Dass die Jahre zurückliegenden Misshandlungen so detailliert bekannt wurden, liegt auch daran, dass die Erzieher ihre Methoden auf Video dokumentierten. Fast 200 Stunden Aufnahmen dienen dem Gericht als Beweismaterial. Waren die Erzieher sich nicht bewusst, wie sie die angebliche Therapie pervertierten und was sie den Kindern antaten?
Offiziell sollten die Erzieher die Kinder mit der „IntraActPlus“-Methode therapieren, damit sie lernen, körperliche Nähe zu ertragen. „Aber das was hier geschehen ist, ist mit den rechtlich zulässigen Möglichkeiten einer Therapie nicht ansatzweise in Übereinstimmung zu bringen“, sagt Oberstaatsanwalt Schwarzwald.
Die fünf Angeklagten wollten sich zum Prozessauftakt noch nicht äußern. Educon wurde inzwischen wieder in die Muttergesellschaft Graf-Recke-Stiftung zurückgeführt. Die Stiftung hatte alle beschuldigten Mitarbeiter nach Bekanntwerden des Skandals entlassen und neue Kontrollmechanismen für die Betreuung Jugendlicher entwickelt.
Die Psychotherapeutin Sibylle von Eicke, eine scharfe Kritikerin der IntraAct-Therapie, spricht von einem „Teufelskreis“ für die Opfer. Das zynische Ziel sei: „Erst wenn sie völlig aufgegeben haben, dann fließt die Liebe.“
dpa