Der Fußballstar, der derzeit bei Olympique Lyon auf der Bank sitzt, schweigt zu den Vorwürfen. Sein Anwalt Peter Zuriel sagt: „Herr Boateng bestreitet strafbares Tun, wird sich ansonsten aber nicht zur Sache äußern.“ Der 34-Jährige ist mit kurzer Frisur, grauem Anzug und weinroter Krawatte erschienen. Er sieht dünn aus, zwei Bodyguards begleiten ihn. Zur Ex-Freundin hält er keinen Blickkontakt.
Der Verteidiger spricht von einer „Vorverurteilung“
Verteidiger Norman Gelbart verliest eine Erklärung, die im Wesentlichen eine massive Anklage gegen die Medien ist. Die Presse verbreite „Verdachtsmeldungen“ gegen Boateng, die Berichterstattung vor dem Prozess hält er für „massiv unfair“. Es finde eine „Vorverurteilung“ des prominenten Fußballers statt.
Der Hintergrund für diese Vorwürfe: Die „Süddeutsche Zeitung“ und die Journalisten-Organisation „Correctiv“ haben kürzlich eine große Recherche veröffentlicht über Gewalt von Fußballspielern gegenüber ihren Partnerinnen und darüber, wie dies von Beratern und Vereinen totgeschwiegen werde. Auch müssten Frauen häufig Vereinbarungen unterschreiben, dass sie nichts über ihr Leben mit den Fußballern erzählen.
Wegen einer anderen Ex-Freundin wird wieder ermittelt
Namentlich genannt wird aber nur Jérôme Boateng. Alle anderen Frauen, die über ihre Erfahrungen berichteten, wollten anonym bleiben und auch die Namen der Fußballer nicht nennen. Boateng würden, so der Anwalt Gelhart, „Sachverhalte über das Verfahren hinaus“ angekreidet.
Allerdings ist der Sachstand im Fall seiner früheren Freundin Kasia Lenhardt für die Staatsanwaltschaft nicht unerheblich. Die Frau hatte sich Anfang 2021 das Leben genommen. Kurz zuvor hatte Boateng auf dem Weg der „Bild“-Zeitung die Trennung verkündet, ihr ein Alkoholproblem vorgeworfen sowie die Absicht, ihn „zerstören“ zu wollen. Diese Berichterstattung wurde später vom Deutschen Presserat gerügt.
Boateng lässt sich nicht auf einen Deal ein
Ganz zu Beginn der Verhandlung am Donnerstag hätte Boateng die Möglichkeit gehabt, das Verfahren schnell zu Ende zu bringen. Der Vorsitzende Richter Andreas Forstner drängte auf eine Verständigung und lud Anklage und Verteidigung zum Rechtsgespräch ein. Er wolle das Verfahren „unproblematisch“ beenden. Auch bei einer umfangreichen erneuten Beweisaufnahme werde ein neues Urteil ähnlich ausfallen wie das alte. Die Vertreter stimmten einem „Deal“ zu: Sie würden die Berufung fallenlassen, über die Höhe der Geldstrafe würde noch geredet werden.
Nur Boateng ist damit nicht einverstanden: Er könne das mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, erklärte ein Verteidiger. Ein wie auch immer geartetes Schuldeingeständnis möchte er auch wegen seiner beiden Kinder nicht machen. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.
Neue Ermittlungen in einem anderen Fall
Suizid
Wegen mutmaßlicher Gewalt gegenüber einer anderen Freundin namens Kasia Lenhardt hatte die Staatsanwaltschaft schon einmal gegen Boateng ermittelt, dies aber vorläufig eingestellt. Nach dem Tod der Frau durch Suizid wurden die Ermittlungen aber wieder aufgenommen.
Staatsanwaltschaft
Die Presse-Staatsanwältin sagte unserer Zeitung: „Im Rahmen des Todesermittlungsverfahrens in Berlin haben uns neue Erkenntnisse erreicht, die Hinweise auf eine mögliche Fortführung des Verfahrens geben könnten.“