Prozess: Ersparnisse von Kunden verzockt

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Hochriskante Geschäfte mit Optionsscheinen trieben eine Bankangestellte dazu, sich von Kundenkonten zu bedienen, um ihre Verluste auszugleichen. Obwohl sie einen Teil des Schadens sofort wieder gut machte, entstand ein hoher Schaden in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro.Foto: Marc Tirl/ dpa Foto: red

Beim ersten Mal waren es 18.000 Euro. Im letzten Fall nahm die heute 41-Jährige 100.000 Euro von einem Kundenkonto, um ihre Aktiengeschäfte zu finanzieren. Sie habe sich von ihrer Gier nach Gewinnen leiten lassen, räumt die ehemalige Mitarbeiterin der Kulmbacher Bank in der Verhandlung am Landgericht Bayreuth ein. Ihr wird vorgeworfen, in 41 Fällen Kundengeld veruntreut zu haben und damit einen Schaden von 1.180.285 Euro angerichtet zu haben.

 
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Mit ernster Miene blickt die Frau mal zum Boden, mal zur Seite, als Staatsanwalt Bernhard Böxler die sechseitige Anklageschrift vorträgt. Die Haare hat sie zum Zopf gebunden, trägt Jeans und Bluse und Perlenohrringe. Das hier eine Zockerin auf der Anklagebank sitzt, mag man kaum glauben. In den Augen ihres Chefs war die einstige Geschäftsstellenleiterin engagiert, loyal, zuverlässig und clever. "Niemand hätte im Traum daran gedacht, dass sie so etwas macht", sagt der Zeuge aus der Innenrevision der Bank, der im Auftrag des Vorstands die Vorgänge aufgeklärt hat. "Das war unvorstellbar, sie hatte einen gut dotierten Job, es gab keine Gründe dafür."

Spielsucht: "Ich konnte nicht mehr aufhören"

Die Bankkauffrau aus dem Landkreis Kulmbach, seit 1994 bei der Kulmbacher Bank, beschreibt sich selbst als spielsüchtig. Ende der neunziger Jahre habe sie mit einer Freundin am Neuen Markt zu spekulieren begonnen. Aus 10.000 Euro wurden alsbald 150.000 Euro, ein Teil wurde einer Vermögensverwaltung überlassen. "Nach dem Einbruch am neuen Markt war das Geld weg", schildert sie Vorsitzendem Richter Michael Eckstein. "Wir haben ein Spiel gespielt und unseren Einsatz verloren." Während die Freundin danach nie mehr zockte, war bei der Angeklagten der Reiz geweckt. "Ich konnte nicht mehr aufhören."

Erst habe sie mit eigenem Geld weitergemacht und ihre Girokonten überzogen. Als sie Verluste machte, sei sie verzweifelt gewesen und habe sich Geld von Kunden "geliehen". Dabei hatte sie vor allem solche mit hohen Sparguthaben im Blick. Denn diese Gelder waren nicht fest angelegt. "So war es am einfachsten, an schnell verfügbares Geld zu kommen", gestand die 41-Jährige. Inzwischen bereue sie das alles zutiefst und entschuldige sich bei der Bank und den Kunden. "Ich wollte niemandem was wegnehmen und habe immer versucht, es wieder gut zu machen." Tatsächlich zahlte sie bereits rund 466.000 Euro von den rund 1,2 Millionen Euro zurück. Die Untreuefälle sollen sich zwischen 2009 und 2013 ereignet haben. Im September 2013 wurde sie fristlos gekündigt.

2014 unterzeichnete die Bankerin ein Schuldanerkenntnis in Höhe von zirka 744.000 Euro. Ihr frühere Arbeitgeber glich die Fehlbeträge auf den Kundenkonten mit Hilfe einer Versicherung aus. Der Selbstbehalt lag allerdings bei 175.000 Euro. Ob die Versicherung als Gläubiger nun das Geld von der geständigen Angeklagten zurückfordert, ist noch offen.

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