Probleme im Ehrenamt: Wenig Kinder mit wenig Zeit Vereine auf Nachwuchssuche

Von Ulrike Sommerer
Bei ihm hat es funktioniert: Über ein Bürgerschießen kam René Ramisch zum Schießsport. Zunächst war er in Emtmannsberg aktiv, inzwischen schießt er beim Schützenverein Zur Linde in Speichersdorf. Mit Aktionen wie dem Bürgerschießen will der Verein neue Mitglieder generieren. Foto: Sommerer Foto: red

Einfach ist es in Speichersdorf ja nicht. Andernorts gibt es vielleicht eine Feuerwehr. Oder einen Sportverein. Oder einen Schützenverein. Und wer Vereinsmitglied sein will, ist das eben dort. Doch in Speichersdorf gibt es 66 Vereine. Wie soll sich da der einzelne Verein gegen die große Konkurrenz behaupten und neue Mitglieder werben? Es geht ums Überleben.

 
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Der Schützenverein Zur Linde Speichersdorf/Kirchenlaibach versucht dies mittels einem Bürgerschießen, das noch bis zum 11. April läuft. Gut, mag man einwenden, neu ist diese Idee nicht und einzigartig schon gar nicht. Viele Schützenvereine versuchen auf diese Weise neue Mitglieder zu gewinnen. Manchmal klappt das. "Es bleibt schon mal einer hängen." Das sagt René Ramisch. Er ist 28 Jahre alt, ist im Vorstand des Schützenvereins Zur Linde und kam vor 16 Jahren selbst über ein Bürgerschießen zum Schießsport.

Das Bürgerschießen funktioniert so: Über einen bestimmten Zeitraum können sich alle Bürger, Vereine und Gruppen der Gemeinde beim Schützenverein im Schießen versuchen, der beste Schütze wird Schützenkönig der Gemeinde. Geschossen wird in verschiedenen Altersklassen. Und mit etwas Glück entdeckt der ein oder andere Teilnehmer am Bürgerschießen seine Leidenschaft für diesen Sport. Über mangelnde Resonanz am Bürgerschießen (das im jährlichen Wechsel mit dem Speichersdorfer Volkskegeln stattfindet) können sich die Schützen nicht beklagen. Die Schießtage, die in diesem Jahr angeboten werden, sind gut ausgebucht, freut sich Ramisch. Trotzdem ist die Ausbeute an neuen Mitgliedern gering. Gerade in Speichersdorf sei es schwierig, Nachwuchs zu finden. Massive Werbung will man auch nicht betreiben, schließlich möchte man anderen Vereinen die Mitglieder auch nicht abspenstig machen, sagt Ramisch.

Doch es geht ums Überleben. Denn schließlich ist nur, wenn ein Verein neue Mitglieder gewinnen kann, auch seine Zukunft gesichert. Und so wird in der Gemeinde vor allem um die Jugend geworben, sagt Bürgermeister Manfred Porsch. Porsch ist nicht nur Bürgermeister, sondern auch  Vorsitzender des TSV Speichersdorf und weiß also aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, neue Vereinsmitglieder zu gewinnen. In allen Vereinen der Gemeinde, sagt er, sei die Mitgliederzahl eher rückläufig. Er führt den demografischen Wandel als Ursache an und auch, dass Kinder in der Schule immer stärker unter Druck seien, für Vereinsaktivitäten also weniger Zeit hätten. Dies zumindest sei früher anders gewesen. Wenig Kinder mit wenig Zeit also - und um die gilt es zu werben. Der TSV zum Beispiel geht in Schulen und Kindergärten, macht Werbung für den Sport. In den Schützenvereinen dürfen inzwischen (mit ärztlichem Attest) sogar Achtjährige mitmischen und bei der Feuerwehr werden Kinderfeuerwehren gegründet, wo früher sogar Jugendwehren die Ausnahme waren. Damit will die Feuerwehr die Kinder möglichst früh abfangen. "Wenn sie einmal im Sportverein sind, ist es zu spät", dann wäre für eine zweite Vereinsaktivität neben der Schule meist kein Platz mehr, sagt Herbert Reiß, Vorsitzender der Kirchenlaibacher Feuerwehr.

Eine Lösung für das Problem scheint es nur zu geben, wenn das Schulsystem so gestaltet wird, dass es mit ehrenamtlichem Engagement vereinbar ist, sagt auch Christian Porsch, Vorsitzender des Kreisjugendrings. Viele Vereine hätten auf die Veränderungen im Schulsystem reagiert und Gruppenstunden oder Training nun auf Freitagnachmittage oder Wochenenden gelegt. Das jedoch verschärft die Konkurrenz zwischen den Vereinen.

Frühestmöglich um Kinder werben muss eine Soldatenkameradschaft wohl nicht. Nachwuchssorgen gebe es zumindest bei der Soldaten- und Kriegerkameradschaft in einem Speichersdorfer Ortsteil, in Wirbenz, trotzdem nicht. "Die Jugend ist gar nicht unsere Zielgruppe." Seit Jahren, sagt Gernot Hammon, bleibe die Mitgliederzahl gleich. Weil man auf persönliche Ansprache setze und so Jahr für Jahr zwei, drei neue Mitglieder dazu gewinne. "In Wirbenz", sagt Hammon, "ist es einfach Tradition bei der Soldatenkameradschaft dabei zu sein."