Theresa Schäfer: Man möchte vor Ärger in den Fernseher brüllen
Manchmal ist es dann doch zu absurd: Zum Beispiel, wenn Meghan im Film behauptet, sie habe sich nicht getraut, bunte Farben zu tragen, um nicht mit Queen Elizabeth II. (zu Lebzeiten für ihre farbenfrohe Garderobe bekannt) in Konkurrenz zu treten. Da fragt man sich dann doch: Gibt es etwas, über das sich Prinz Harry und Herzogin Meghan nicht beschweren? Und möchte vor Ärger in den Fernseher brüllen.
Aber es hilft ja nichts: Meghan und Harry, das macht die gleichnamige Netflix-Sendung sehr klar, erzählen ihre Version der Wahrheit – und was die ist, bestimmen sie. Schließlich – so finden der Königssohn und seine Frau – haben viel zu lange die Medien und die „Institution“ das Heft in der Hand gehalten.
Dass sie, die doch immer betonten, der „Megxit“ 2020 sei auch ein Entschluss für mehr Privatsphäre gewesen, aus genau dieser Privatsphäre mehr zeigen als jeder andere Royal vor ihnen (Chatverläufe, Kinderbilder, sogar den kurzen Moment vor ihrer Verlobung), ist befremdlich.
„Warum sie sich freiwillig das antun, ist unbegreiflich“
Befremdlich ist auch, einem eigentlich doch auf die Sonnenseite des Lebens gefallenen Paar dabei zuzusehen, wie es sein Leben in eine einzige Folge von Zumutungen umdeutet. Natürlich hat der tragische Tod seiner Mutter, bei dem Paparazzi eine unrühmliche Rolle spielten, den damals zwölfjährigen Prinzen traumatisiert. Dass der Junge dann, statt privat trauern zu dürfen, selbst Hände schütteln, Blumen entgegennehmen und eine hysterische Öffentlichkeit trösten musste, ist im Rückblick kaum zu fassen. Natürlich ist Meghan, die Tochter einer schwarzen Mutter und eines weißen Vaters, Opfer von Rassismus gewesen. Es ist bestürzend zu hören, dass sie in ihrer Zeit im Palast auch suizidale Gedanken hatte.
Eigentlich haben sich die Sussexes aus dem Unternehmen Königshaus zurückgezogen, um sich zu schützen. Warum sie sich jetzt freiwillig das antun und mehr Öffentlichkeit herstellen denn je, ist unbegreiflich. Oder sollte das etwas mit der angeblich sehr hohen Summe zu tun haben, die Netflix ihnen zahlt?