Präventionsstelle Bayreuth Gewalt stoppen, ehe sie ausbricht

Peter Rauscher
Das Team der neuen Präventionsstelle Bayreuth (von links): Wolfgang Otto, Steffen Aderhold, Pia Guntow und – neben Gebo-Vorständin Katja Bittner - Cosima Herbst. Rechts steht Ärztlicher Direktor Professor Thomas Kallert, der vorübergehend auch die Präventionsstelle ärztlich betreut. Foto: Sandra Zimmermann

Gewalttaten psychisch kranker Menschen verhindern: Das ist das Ziel der neuen Präventionsstelle Bayreuth. Mit der Eröffnung am Dienstag in Bayreuth starten die Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken (Gebo) eine Initiative zur Verbrechensverhütung.

 
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Präventionsstelle Bayreuth – ein schlichtes Schild an der Eingangstür in der Schwindstraße 7 in der Bayreuther Altstadt ist das einzige, was mitten in diesem neuen Wohnviertel auf die neue Hilfeeinrichtung hinweist. Bewusst wählten die Gesundheitseinrichtungen des Bezirks Oberfranken (Gebo) als Betreiber der Präventionsstelle einen Ort außerhalb des Bezirkskrankenhauses, sagt Professor Thomas Kallert, Ärztlicher Direktor der Gebo, dem Kurier. „Das Angebot soll möglichst niedrigschwellig sein.“

Aus eigenem Antrieb

Denn wer hierherkommt, tut das ausschließlich aus eigenem Antrieb, um sich helfen zu lassen – im Gegensatz zur Zwangsunterbringung in der Psychiatrie oder dem Maßregelvollzug in der Forensik, den ein Gericht anordnet. Dann ist die Straftat eines psychisch kranken Menschen aber schon passiert. Damit es so weit gar nicht erst kommt, hat die Bayerische Staatsregierung für jeden Regierungsbezirk eine Präventionsstelle bewilligt und finanziert sie auch auf zunächst 15 Jahre.

Es geht auch um Opferschutz

Kallert lobte die Staatsregierung für diesen Schritt. Es gehe um den Schutz des kranken Menschen vor sich selbst, aber auch um den Schutz möglicher Opfer einer Gewalt- oder Sexualstraftat. Dass Prävention erforderlich ist, zeigten schon die steigenden Zahlen von Menschen im Maßregelvollzug in der Forensik, die in Bayreuth deshalb in den nächsten Jahren ausgebaut wird.

Wenn eine Gewalttat erst passiert ist, kann man sie nicht rückgängig machen, sagte Bezirkstagspräsident Henry Schramm. , Es gelte, Straftaten möglichst im Vorfeld zu verhindern.

Nur mit Zustimmung des Betroffenen

Die Präventionsstelle versteht sich als Anlaufstelle für Erwachsene mit einer schweren Persönlichkeitsstörung oder einer schizophrenen Erkrankung, die möglicherweise gewalttätig werden könnten. „In die Präventionsstelle kann jeder ohne Zuweisung, Überweisung oder irgendeinen Schein kommen“, sagte Kallert. Die Freiwilligkeit ist Kern des Konzepts. Auch die Therapie und Datenaustausch erfolgen ausschließlich mit Zustimmung des Betroffenen, zudem gelte die ärztliche Schweigepflicht, betont Kallert. Auch Angehörige oder enge Kontaktpersonen, die gewalttätige Übergriffe im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung fürchten, können sich an die Präventionsstelle wenden.

Multiprofessionelles Team

Cosima Herbst, die neue Psychologin der Präventionsstelle, erläutert das Vorgehen: In einem Erstgespräch wird geprüft, ob der Betreffende zur Zielgruppe der Beratungsstelle gehört. Danach erfolgt eine umfangreiche Eingangsdiagnostik mit psychologischen Tests und es wird ein Therapieplan zum Beispiel mit Anti-Aggressionstraining und Psychotherapie erarbeitet. Die Therapie erfolgt rein ambulant, die Therapeuten können auch Hausbesuche machen. Das Team besteht aus der Psychologin, einem Sozialpädagogen, einer Pflegekraft, einer Arzthelferin und einem Arzt, der auch die Medikamentenversorgung übernehmen kann.

„Wir betreten Neuland“

„Mit der Präventionsstelle betreten wir fachlich Neuland“, sagte Kallert. Bei ihrer Entscheidung für die Einrichtung hatte sich die Staatsregierung auf die Erfahrungen eines mehrjährigen Modellversuchs der Bezirkskliniken Mittelfranken mit einer Präventionsambulanz in Ansbach gestützt. Laut einer Vergleichsstudie der Ansbacher Ambulanz konnte sie das Risiko bei Menschen mit bestimmten psychischen Erkrankungen, gewalttätig zu werden, innerhalb eines Jahres um ein Drittel senken. In den ersten vier Jahren nach dem Start 2014 waren dort 160 Menschen in Behandlung.

In Oberfranken müsse das Hilfeangebot nun erst bei Beratungsstellen, Bewährungshelfern, Strafverteidigern und Beratungsstellen bekannt werden, sagte Kallert. Vom Konzept her ist die Präventionsstelle auf die Betreuung von 60 Klienten ausgerichtet.


Homepage: tinyurl.com/praevention-bayreuth; Mail: praeventionsstelle.bkb@gebo-med.de; Telefon 0921/2832310.

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