Pater Thomas Muttam und Kulmbacher aus Stadt und Landkreis gründen Kinderstiftung Straßenkinder: Stiftung hilft in Indien

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Sie wollen den Straßenkindern Indiens helfen. Die Gründer der Stiftung mit Pater Thomas Muttam links. Foto: red Foto: red

Für die Gründer ist es eine Herzenssache. Sie wollen etwas gegen das Elend der Straßenkinder in Indien tun. Eine große Aufgabe, bei der viele Hände zusammen arbeiten. Ob die Stiftung Erfolg hat, muss sich erst zeigen.

 
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Am Anfang stand der Nachlass von Elisabeth Habermann, einer strenggläubigen Katholikin aus Seßlach bei Coburg. Sie hatte ihren ganzen Besitz dem in Indien geborenen Pater Thomas Muttam vermacht. Doch der Priester wollte nicht selbst auf dem Grundstück und dem dazugehörigen Wohnhaus leben. „Ich wollte etwas für die Ewigkeit schaffen, für alle Kinder dieser Welt.“

Am Sitz des Paters in Kulmbach

Und so entstand die Kinderstiftung Hoffnungsstrahl. Seit Juni dieses Jahres ist sie als rechtsfähige und gemeinnützige Stiftung des bürgerlichen Rechts anerkannt. Ihr Sitz ist Kulmbach, wo Pater Thomas seit 2014 für die Erzdiözese Bamberg als Pfarrvikar mit eigenständigen Aufgaben tätig ist. Der 38-Jährige ist Seelsorger der Kirchengemeinde St. Hedwig und im Landkreis für die katholische Kirche in Neudrossenfeld, Thurnau und Mainleus im Einsatz.

Seine Stiftung dient dazu, die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen zu verbessern und ihre Rechte zu stärken. „Vielleicht ist das nur ein kleiner Tropfen, aber das ist besser als ein Vakuum“, sagt Pater Thomas, der behinderten, obdachlosen, mittellosen, sozial benachteiligten und straffällig gewordenen Jungen und Mädchen helfen will. „Diese oft missachteten Kinder und ihre Bedürfnisse liegen mir am Herzen.“

Pater bringt praktische Kenntnisse mit

Im indischen Ernakulam in Kerala geboren, studierte Thomas Muttam Philosophie und Theologie. Danach schloss er sich der Ordensgemeinschaft Missionare des Heiligen Franz von Sales an und lebte in Pune. Dort führte er ein Behindertenheim und arbeitete lange Jahre mit Straßenkindern. Im Jahr 2012 kam Pater Thomas nach Deutschland. Von hier aus versucht er nun, seinen in Indien begonnenen Einsatz für hilfsbedürftige Kinder und Jugendliche fortzusetzen.

Drogen, Alkohol und Prostitution

In Indien, einem Land mit 1,2 Milliarden Einwohnern, lebten viele Familien in ärmlichen Verhältnissen, schildert der leicht untersetzte Priester im Gespräch mit dieser Zeitung. Verarmte Eltern könnten ihre Söhne und Töchter oftmals nicht ernähren und setzen sie vor die Tür. „Auf der Straße kommen sie in Kontakt mit Drogen, Alkohol und Prostitution“, beschreibt Pater Thomas das Leben der Kinder aus den Elendsvierteln. „Sie ernähren sich von Müllhalden und schlafen unter Brücken, in Zügen und Bahnhöfen.“ Manche von ihnen seien von ihren Familien oder aus der Schule weggelaufen, erlebten Gewalt und Missbrauch. „Viele von ihnen gehen betteln, verkaufen Wasser auf den Straßen und bieten ihre Dienste als Schuhputzer an.“ Die Jüngsten sind Muttam zufolge gerade einmal drei Jahre alt. Obwohl in Indien Kinderarbeit verboten sei, würden Kinder immer noch zum Arbeiten angeworben und ausgebeutet. Dafür sorgten kriminelle Organisationen, die wie die Mafia vorgingen. „Wir versuchen, die Kinder zu überzeugen, die Straße zu verlassen und ins Heim zu gehen. Dort können sie die Schule besuchen und eine Ausbildung beginnen.“

Nicht genug Zufluchtsstätten

Allerdings gibt es nicht genug solche Zufluchtsstätten. Allein in Mumbai schätzt Muttam die Zahl der Straßenkinder auf mindestens 200 000. Obwohl es die Schulpflicht für Kinder ab fünf Jahren gibt, versäumten gerade die Ärmsten den Schulbesuch. Dabei sei Bildung der einzige Weg aus ihrer Misere, so Muttam. Keinen kümmere es, ob sie in den Unterricht gehen oder nicht. Außerdem müssen die Eltern den Schulbedarf zahlen, was vielen unmöglich ist. Deshalb dachte sich Muttam mit anderen das Projekt „Schule auf Rädern“ aus. „Wir haben einen alten Bus umgebaut, darin sind Sitze und eine Tafel“, beschreibt Muttam das rollende Klassenzimmer. Täglich fährt der Bus in Mumbai sieben Stationen an und erreicht somit bis zu 500 Kinder. Wer zum einstündigen Unterricht kommt, wird mit einer warmen Mahlzeit belohnt. Doch Pater Muttam will über die Stiftung auch Geld sammeln für behinderte Kinder und Angehörige von Ureinwohnerstämmen, die zumeist Analphabeten sind. Behinderte würden auf dem Dorf von ihren Eltern noch immer versteckt, weil sie sich schämten, sagt der Priester. „So haben sie keine Chance auf ein Leben in Würde.“

Michael Heckel war dort

Mit dem Kulmbacher Arzt und Stiftungsvorstand Michael Heckel besuchte der Geistliche vor einiger Zeit die Heime. „Manche Kinder hatten mehrfache Spastiken, trotzdem strahlten sie uns an“, erinnert sich Heckel. Die Einrichtungen seien einfach eingerichtet, jedoch sehr sauber gewesen. Die Herzlichkeit und das Lachen der Kinder haben Heckel begeistert und betroffen gemacht. „Vielleicht können wir mit unserer Hilfe zurückstrahlen.“

Weil die Zahl der Bedürftigen so groß ist, ist die Aufgabe, die sich die Stiftung stellt, eine Herausforderung. Schlechte Organisation und Korruption verhinderten in Indien eine effektive Hilfe, weiß Muttam zu berichten. „In Deutschland ist alles gut organisiert, es gibt wenig Korruption. In Indien ist das genau umgekehrt.“ Für die Genehmigung einer speziellen Schule für behinderte Kinder habe er drei Jahre warten müssen. Hätte er sich nicht geweigert, dafür zu zahlen, wäre es womöglich schneller gegangen, meint der katholische Geistliche.

Gefahr für Kinder große, unter die Räder zu kommen

Einen Unterstützer für die Stiftung fand er auch in Pfarrgemeinderat Oliver Meinhardt, der sich um den Aufbau einer Internetseite für die Stiftung Hoffnungsstrahl kümmerte. „Ich musste nicht lange überlegen, als mich Pater Thomas angesprochen hat“, sagt Meinhardt. „Da ich ihn gut kenne, habe ich vollstes Vertrauen und weiß, dass die Hilfe dort landet, wo sie hin soll.“ Auch Barbara Semlinger (Ködnitz), Ute Becker (Kulmbach) und Ute Caspar-Gundel (Neudrossenfeld) engagieren sich im Stiftungsvorstand. „Diese Kinder haben keine Erwachsenen, die sie schützen“, sagt Barbara Semlinger. „Ohne fremde Hilfe ist die Gefahr groß, dass sie unter die Räder kommen.“

Da es in Indien keine verpflichtende Krankenversicherung gibt, will die Stiftung auch die medizinische Versorgung der Kinder unterstützen, zum Beispiel über Impfungen oder Physiotherapie. Kleidung, Unterrichtsmaterial und Essen können mit regelmäßigen Spenden unterstützt werden. In seinem Urlaub besucht Pater Thomas die Heime regelmäßig.

Info: Kinderstiftung Hoffnungsstrahl, Kalte Marter 1, Kulmbach, Telefon 01 51/20 68 50 22, E-Mail: info@kinderstiftung-hoffnungsstrahl.de. Am 6. November hält Pater Thomas Muttam im Anschluss an den Gottesdienst um 10.30 Uhr im Pfarrsaal von St. Hedwig einen Vortrag über die Kinderstiftung.

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