Nockherberg Söder und Scholz in der Horrorklinik

In einem dystopischen Horrorkrankenhaus treffen die Spitzen der Ampel auf CDU-Chef Merz sowie das toxische Bayern-Duo Söder und Aiwanger. Ein grotesker Abend - oft verstörend und immer wieder amüsant.

 
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Düstere Zeiten auf dem Nockherberg: Kanzler Olaf Scholz, sein Vize Robert Habeck und FDP-Chef Christian Lindner stranden in einem Krankenhaus irgendwo im fränkischen Nirgendwo. Es blitzt, donnert, eine Krankenschwester geht mit einem Blutbeutel durch den Saal.

Als reiche das nicht aus, hat es auch noch CDU-Chef Friedrich Merz, Bayerns Regierungschef Markus Söder, Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger und Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze an diesen unwirklichen Ort verschlagen. Was folgt, ist ein Singspiel mit dem Titel „Albträumereien“. Wie im Brennglas skizziert das Stück aus der Feder von Richard Oehmann und Stefan Betz die bayerisch-berliner Problempolitik im Jahr 2024 - mit gewissen Zügen eines Happy Ends.

Doch eins nach dem anderen: Zu Beginn finden sich Schulze (gespielt von Sina Reiß) und CSU-Generalsekretär Martin Huber (Roland Schreglmann) in Krankenhausbetten wieder. Und die beiden sind nicht allein: „Martin. Sag dem Herrn Aiwanger, er soll aus meinem Bett verschwinden“, ruft der kurz später aufgetauchte CSU-Chef Söder (Thomas Unger). Aiwanger (Stefan Murr) ist es egal: „Sagen S’ dem Herrn Söder, sein Bett ist auch mein Bett. Daran sollte er sich schon langsam gewöhnt haben.“

In der Folge entwickelt sich ein - in der Realität übliches - Aneinander-Vorbeireden bis hin zu Aiwangers Lied über seine Freien Wähler: „Und alle, die dann mitmarschieren, die wissen sicherlich: Sie brauchen keine Nazis wählen, die wählen halt lieber mich.“

Als kurz darauf Habeck (Thomas Limpinsel) und Lindner (Christian Pfeil) die Bühne betreten, kommt es zur Konfrontation der Bayern mit den Ampel-Spitzen: „Ah, der Fürst der Finsternis! Der uns den Atomstrom abgedreht hat!“, begrüßt Söder den Bundeswirtschaftsminister. Der lässt die Kritik abperlen: „Schön, dass Sie ihren Humor aus den 80ern herüberretten konnten. Weil - ich spoilere das schon mal: Den werden Sie gleich brauchen.“

Irgendwann sind auch Merz (David Zimmerschied) und Scholz (Nikola Norgauer) mit von der Partie. „Ich habe mich fast 20 Jahre auf diesen Moment vorbereitet“, meldet Merz seinen Regierungsanspruch an, den auch der „Chefarzt der Herzen“ (Huber über Söder) zur Kenntnis nimmt.

Mehr oder weniger: Zu den Klängen des La-Boum-Klassikers „Dreams are my Reality“ flieht Söder in seine Fantasie: „Der Weg zur Kanzlerschaft klappt traum- und zauberhaft. Das Land träumt doch seit Langem schon von mir.“ Aller Konkurrenz zum Trotz: Mit Sägen trennen Merz und Söder das zusammengewachsene Ampel-Trio.

Während Lindner und Habeck nach der Operation mit Merz („Ich bin dann also endlich Kanzler?“) über eine Jamaika-Koalition fabulieren: („Das wird die Zukunftskoalition. Das Beste aus drei Welten. Das ist die Zukunftskoalition - nicht praktisch, aber selten.“) hat Aiwanger ganz andere Sorgen.

Er wird in die Logopädie gezerrt und verliert zwischenzeitlich seinen niederbayerischen Dialekt: „Apfelsaft! Opfelsoft! Au weh zwick. Mein Akzent ist weg.“ Ohne den Hubert-Sound werde es schwierig am Stammtisch, spottet Schulze und empfiehlt ihm Hetze in Gebärdensprache. Söder hofft gar auf Aiwangers Karriereende.

Und Scholz? Der sitzt und tanzt mit einem Toilettenstuhl und singt seinen eigenen Abgesang: „Auf zu neuen Siegen! Ich weiß genau, was ich als Altkanzler zu leisten vermag: Ich übernehme die UNO. Oder die Fifa. Oder die Warburg-Bank.“

Auch sonst geht es immer wieder so wild durcheinander, dass die Albtraum-Grenzen bis zur Unkenntlichkeit verschwimmen. Zur Freude des Publikums, das etwa das Biene-Maya-Lied von Münchens SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter (Gerhard Wittmann) mit großem Applaus versieht, dass dessen gespielte Kopfschmerzen unermesslich werden.

Und dann gab es noch eine Premiere: Bayerns CSU-Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, dargestellt von Judith Toth, wird erstmals beim Singspiel gedoubelt. Und ihre Rolle hat es in sich: Trotz Fleischallergie füttert sie etwa Habeck zwangsweise mit Wurst: „Drum sei, böser Grüner, stets nett zu den Tieren, tu's streicheln und knuddeln und dann filetieren.“

Bevor am Ende alle Politiker aus ihren Albträumen erwachen und ein betäubendes Zäpfchen zur Realitätsflucht vor Klimakrise, Rechtsruck und Kriegen in der Ukraine wie Israel nutzen, gibt es einen denkwürdigen Moment: Als Krankenschwester (Natalie Hünig) im heftigsten niederbayerisch von der Machtergreifung der AfD 2033 fabuliert, wird sie vom namenlosen Patient 0 (Anton Gruber) mit einem überdimensionalen Grundgesetz K.o geschlagen. Oder wie alle gemeinsam singen: „Irgendwo, irgendwann, fängt vielleicht die Zukunft an.“ - >>> Hier <<< können Sie die Fastenrede und das Singspiel noch einmal ansehen.

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