Ortsumgehung Mistelbach Große Freude und riesige Enttäuschung

Die Ortsumfahrung der Gemeinde Mistelbach ist vom Tisch. Die mögliche Trasse (rot) eignet sich wegen der Gefahr eines Hangrutsches und der Verunreinigung des Eckersdorfer Trinkwassers nicht. Foto: Staatliches Bauamt

Die Kunde kam für den Mistelbacher Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung völlig überraschend: Der Bau der Ortsumgehung lässt sich auf der geplanten Trasse nicht realisieren. Damit ist das Projekt gestorben. Entsprechend groß ist die Enttäuschung bei den Fraktionen der CSU und der SPD.

 
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Die Freunde sei natürlich groß bei ihm und seinen zwei Kolleginnen, die die Wählergruppierung Pro Mistelbach im Gemeinderat vertreten. Man habe nach der Sitzung am Dienstag auch miteinander angestoßen auf das Aus für die Ortsumgehung. Aber von einem Triumphgefühl könne keine Rede sein, sagt deren Sprecher Martin Schütze. Eher von Erleichterung, dass das Projekt nicht weiterverfolgt werde.

Schockstarre und Freude

Schockstarre auf der einen Seite, Freude auf der anderen: Als Fritz Baumgärtel, Mitarbeiter des Staatlichen Bauamtes Bayreuth, in der Sitzung des Gemeinderates am Dienstagabend die Gründe darlegte, die den Bau der Ortsumgehung nicht zulasse, fühlte sich Schütze – zumindest teilweise – bestätigt. „Darauf, dass die Gefahr eines Hangrutsches besteht, haben wir schon vor Jahren hingewiesen“, sagt er. Neu sei für ihn aber die mögliche Gefährdung der Eckersdorfer Trinkwasserversorgung gewesen. Diese beiden Ergebnisse neuerlicher Untersuchungen sowie die zu erwartende Kostenexplosion verhindern nicht nur den Bau der Umgehungsstraße, sondern sorgen auch dafür, dass sich keine Seite, weder Befürworter noch Gegner, als Sieger oder Verlierer fühlen müsse. Ganz im Gegenteil müsse man jetzt geschlossen nach Möglichkeiten suchen, die Ortsdurchfahrt ruhiger und sicherer zu gestalten.

Große Erleichterung für Anwohner

Schwer enttäuscht zeigte sich Bürgermeister Matthias Mann. Den Anwohnern der Ortsdurchgangsstraße in erster und zweiter Reihe hätte die Umgehung große Erleichterung gebracht. Doch die Fakten ließen eine Realisierung nicht mehr zu. Auch finanziell nicht. Und die Gefahr für das Eckersdorfer Trinkwasser sei einfach zu groß. Man müsse die Enttäuschung erst mal sacken lassen, um sich dann dringlich mit der Frage zu beschäftigen, welche Maßnahmen umgesetzt werden können, um die Verkehrsbelastung für die Anwohner erträglicher zu machen. Eine interessante Möglichkeit, so Mann, wäre der Bau eines Kreisels an der Ortseinfahrt, um die Geschwindigkeit zu reduzieren.

Mehr Sicherheit

Besonders für die Anwohner sei es „sehr traurig“, dass die Ortsumfahrung nicht machbar sei, sagte Monika Miklis, Sprecherin der SPD-Fraktion, im Gespräch mit dem Kurier. Die Durchgangsstraße sei sehr gefährlich, die rote Ampel würde gern übersehen. „Wir hätten den Auftrag der Bürger, die sich im Ratsbegehren mehrheitlich für die Ortsumgehung ausgesprochen haben, gerne umgesetzt“, sagte Miklis. Stattdessen müsse jetzt unter Einbindung von Fachleuten die Situation auf der Hauptstraße verbessert werden. Ob dies ein Kreisel am Ortseingang sei oder ein verbesserter Öffentlicher Personennahverkehr – man müsse alles prüfen, was Erleichterung und mehr Sicherheit bringe.

Riesige Enttäuschung

Von einer „riesigen Enttäuschung“ für die CSU-Fraktion, aber auch für all diejenigen, die schon immer entlang der bestehenden Ortsdurchfahrt durch den Verkehr massiv belastet seien, spricht CSU-Fraktionssprecher Alexander Bär. Die neuen Erkenntnisse, von denen er und seine Kollegen am Dienstag überraschet worden seien, machten eine Realisierung der Ortsumgehung im Rahmen der bisherigen Planfeststellung nicht mehr möglich, auch wenn es den politischen Willen und die finanziellen Möglichkeiten für eine Realisierung gebe. Zu den Akten legen will man bei der CSU die Umgehung nicht. Jetzt müsse die Fragen geklärt werden, ob alle Alternativen geklärt seien und ob eine Verlagerung der Trasse neue Lösungsansätze bringe. Außerdem gelte es, zusätzlich alle Möglichkeiten zu prüfen, um die Verkehrssituation an der Ortsdurchfahrt zu verbessern.

Kein Befürworter

Eine gewisse Erleichterung verspürt Uwe Wich, einziger Gemeinderat der Freien Wähler. Er sei von Beginn an kein Befürworter der Ortsumgehung gewesen. Aber einfach nur dagegen sein, genüge nicht. Deshalb habe er die Vor- und Nachteile abgewogen und sei zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Umgehung „nicht wirklich sinnführend“ sei. Der große Landverbrauch von rund 14 Hektar, die Gefahr einer Enteignung von Mitbürgern und nicht absehbare Baukosten seien Gründe, die dagegen sprechen. Ebenso zu befürchtende Umsatzeinbußen für Geschäfte und Apotheke. Auf der positiven Seite stünden mehr Sicherheit auf der Durchgangsstraße und weniger Lärm und Abgase für die Anwohner. Wobei man aber nicht verhehlen dürfe, dass das Problem der Emissionen nicht gelöst, sondern einfach nur verlagert würde. Unterm Strich, so Wich, sprächen die Nachteile gegen die Ortsumgehung. Jetzt gelte es, gemeinsam nach Möglichkeiten zu suchen, die Hauptstraße zum Wohle der Anwohner zu ertüchtigen. Auch wenn das Thema in der Bevölkerung zu „ganz schönen Verwerfungen“ geführt habe, sei es jetzt an der Zeit, die Entscheidung zu tolerieren. „Schließlich“, sagt Wich, „leben wir in einer Demokratie.“

Die Arbeit geht weiter

Auch wenn der Grund für die Gründung der Bürgerinitiave Pro Mistelbach, die Verhinderung der Ortsumgehung, nun nicht mehr ganz oben auf der Agenda steht, gebe es noch vieles zu tun, sagt Martin Schütze. Ökologie, Umweltschutz und das neue Baugebiet seien Themen, die ihn und seine Mitstreiterinnen in Zukunft beschäftigen würden. Nein, auflösen werde man sich mit Sicherheit nicht.

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