270.000 Stimmen werden noch nachgezählt
Erstmals ist im neuen Parlament ein Repräsentant der deutschen Minderheit vertreten. Um gewählt zu werden, musste er die weitaus niedrigere Schwelle überwinden, die für nationale Minderheiten vorgesehen ist. Der 65-jährige Imre Ritter gilt als Bündnispartner des Fidesz.
Die endgültige Sitzverteilung im neuen Parlament hängt noch vom Ausgang der Wahlen in den Direktwahlkreisen ab. Die Stimmen von rund 270.000 Wählern, die nicht an ihrem ständigen Wohnort gewählt haben, werden erst in der nächsten Woche ausgezählt.
Auf Konfrontationskurs zur EU
Die Bekanntgabe der ersten Teilergebnisse verzögerte sich um mehrere Stunden, weil zwei Budapester Wahllokale mit der großen Zahl der ihnen zugeteilten «Auswärts-Wähler» nicht fertig wurden. Die Wahlbeteiligung war mit 70 Prozent außergewöhnlich hoch.
In der EU geht man davon aus, dass eine Neuauflage der Regierung Orban zu weiteren Konflikten zwischen Budapest und Brüssel führen wird. Seit 2010 steuert der rechtskonservative Politiker einen Konfrontationskurs zur EU. Streitpunkte sind unter anderen die Asylpolitik, die Einschränkung von Medienfreiheit, Unabhängigkeit der Justiz und Bürgerrechten sowie der mutmaßliche Missbrauch von EU-Fördergeldern. Von der EU beschlossene Quoten zur faireren Verteilung von Asylbewerbern boykottierte Orban.
Opposition wirft Orban Demokratieabbau vor
Im Wahlkampf hatte Orban behauptet, dass die EU, die UN und der US-Milliardär George Soros Pläne verfolgen würden, um Zehntausende Migranten in Ungarn anzusiedeln und das Land zum «Einwanderungsland» zu machen. Nur wenn er weiterregiere, könne dies verhindert werden. Beweise für die angeblichen Pläne legte er keine vor. Soros, ein aus Ungarn stammender Holocaust-Überlebender, hatte sein Geld als Börsenspekulant gemacht - heute unterstützt er Zivilorganisationen, die sich für Demokratie und Menschenrechte einsetzen.
Die Opposition wirft Orban vor, die Demokratie in Ungarn abzubauen. Staatliche Ressourcen und EU-Förderungen würden Orban-nahen Oligarchen zugeschanzt. Aber auch die EU-Antikorruptionsbehörde Olaf ermittelt in zahlreichen mutmaßlichen Missbrauchsfällen in Ungarn. In einen soll auch Orbans Schwiegersohn verstrickt sein.