Online-Kompetenz für Vereine Keine Angst vor neuen Medien

Wolfgang Neidhardt
Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (Zweite von links) stellte in der Selber Netzsch-Arena die Aktion „Digital verein(t)“ vor. Mit im Bild von links Cosima Benker, Förderverein Fichtelgebirge, Landrat Peter Berek, Projekt-Botschafter Horst Hüttel, Bundestagsabgeordneter Hans-Peter Friedrich, Elisabeth Golly, die die Aktion im Landkreis betreut, und Landtagsabgeordneter Martin Schöffel. Foto: /Wolfgang Neidhardt

Viele Vereine scheuen den Umgang mit der digitalen Welt. Ministerin Judith Gerlach stellt in Selb eine Initiative der Regierung vor: gezielte Schulung ehrenamtlicher Mitarbeiter.

 
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Selb - Üblicherweise pflegen sich Menschen mit gleichen Interessen Bälle zuzuspielen. In Selb, der Heimat eines frisch gebackenen Eishockey-Zweitligisten, regiert eher der Puck. Und deshalb griff nun die Prominenz zum Eishockey-Schläger, als sie in der Selber Netzsch-Arena eine neue Aktion der bayerischen Staatsregierung vorstellte: „Digital verein(t)“ lautet der Titel der Initiative. 21 Landkreise werden sie in diesem Herbst starten – und Digitalministerin Judith Gerlach hatte den VER Selb als Gastgeber für die Vorstellung des Projektes ausgesucht.

Digital-Schnittstelle

Nicht zufällig. Denn Elisabeth Golly, die die Aktion im Landkreis Wunsiedel betreuen wird, ist seit vielen Jahren beim VER tätig, unter anderem als Betreuerin der „Hockey-Hütte“, in der sich die politische Prominenz eingefunden hatte: Sie sei so etwas wie die „Ehrenamtspäpstin“, sagte Landrat Peter Berek.

Als Mitarbeiterin des Landratsamtes besetzt Golly die Schnittstelle für das Digital-Projekt. Dessen Ziel: Engagierte in Vereinen und Initiatoren im selbstbestimmten Umgang mit digitalen Lösungen zu stärken. Nach einem ersten Workshop zum Thema „Homepage sicher gestalten“ am 1. September sind weitere Themen geplant: Zusammenarbeit im Verein, Finanzen, Verwaltung und digitale Trends. Zur Vermittlung der Inhalte werden mobile Ratgeberteams im Freistaat unterwegs sein.

„Digital verein(t)“

„Wie funktioniert Vereinsarbeit im Jahr 2030?“, fragte der Landrat und gab selbst die Antwort: „Der digitale Transfer wird entscheidend sein.“ Und der könne irgendwann beispielsweise ernsthaft die Frage beantworten: „Braucht eigentlich jeder Verein noch einen Kassierer?“ Das Projekt „Digital verein(t)“ setze genau an den Bedürfnissen der Vereine an „und passt somit hervorragend zu uns ins Fichtelgebirge“. Die Ministerin erläuterte unter der großen Überschrift „digitale Teilhabe“ einige grundsätzliche Schwerpunkte des Projekts: Verwaltung, Finanzen, interne und externe Zusammenarbeit in Vereinen, Datenschutz, Öffentlichkeitsarbeit, Gestaltung der Homepage und zielführender Umgang mit Social-Media-Kanälen.

Gerade in den letztgenannten Themen könnte auch eine Chance liegen, neue Mitglieder zu rekrutieren. Die Rolle der Vereine als „Kitt der Gesellschaft“ habe sich gerade jüngst gezeigt, als dieser mangels Kontaktmöglichkeiten eben gefehlt habe. Nun hätten die Menschen wieder die Chance, ihre Leidenschaft, ihren Sport auszuüben. „Wir wollen das Ehrenamt nicht komplett digitalisieren“, sagte die Ministerin, aber dabei helfen, dass vor Ort bessere Strukturen und Ansprechpartner geschaffen würden: „Die digitale Welt darf aber nicht zum Selbstzweck werden, der Mensch muss weiterhin im Mittelpunkt stehen.“

Prominenten Unterstützung

Zur Unterstützung des Projektes im Landkreis ließ sich ein prominenter Sport-Profi aus dem Landkreis nicht zweimal bitten: Horst Hüttel aus Wunsiedel, Team-Manager Skisprung und Nordische Kombination beim Deutschen Skiverband (DSV), ist Projekt-Botschafter. Er sieht eine „ziemlich große Diskrepanz: ,Wir haben über 4000 Vereine an der Basis und müssen fragen: Wie gehen sie mit der digitalen Welt um?’ “ Letztere müsse als Chance und nicht als Bedrohung gesehen werden. Anna Piras, Nachwuchstänzerin beim Trachtenverein „Almrausch“ Weißenstadt, schlug in die gleiche Kerbe: „Wir müssen den Leuten die Angst vor diesen Medien nehmen.“

VER Selb ist fit

Beim Gastgeber der Präsentation ist dies nicht nötig. Im Gegenteil: Der VER Selb bespielt wie kaum ein zweiter Verein in der Region die komplette Breite der sozialen Medien. Peter Pahlen, der Leiter der Geschäftsstelle des Eishockey-Zweitligisten, listete auf: über 11 000 Follower und Abonnenten auf Facebook, 6300 Follower auf Instagram, an Spieltagen über 22 000 Zugriffe auf Facebook. „In den vergangenen Tagen mit ständig neuen Meldungen verzeichneten wir über 8000 Interaktionen in den sozialen Medien.“

Von selbst läuft diese Kommunikation natürlich nicht. „Wir haben 13 ehrenamtliche Presse-Mitarbeiter“, berichtete Peter Pahlen. Und sicher hat der Verein einige von diesen eben gerade über die sozialen Medien gewonnen.

„Wir sehen hier vor Ort ein Paradebeispiel für ehrenamtliche Arbeit“, lobte Landrat Peter Berek. Und wie diese funktioniert, zeigte sich beim Pressetermin in der Eishalle. Eigens für die Prominenz ließen die Mitarbeiter des VER in gut einer Viertelstunde das Eis neu bereiten.

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