Oliver Stief, der Bamberger Bosch-Kapitän

Von Roland Töpfer
 Foto: red

Oliver Stief ist seit Sommer 2014 kaufmännischer Leiter des Bamberger Bosch-Werks. Mit 8000 Mitarbeitern ist das Werk der größte Industriebetrieb in Oberfranken. Bei diesem Job kommt dem  Reserveoffizier die Erziehung seines Vaters zugute. Der Stief als Kind ins kalte Wasser warf - fast buchstäblich.

 
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Dass er mal Kapitän werden sollte, hatte schon sein Vater, ein Marineflieger, im Sinn. Der stellte sich knietief ins Wasser und gab dem kleinen Oliver Segelunterricht in der Eckernförder Bucht. „Und jetzt bist Du solo“, hieß es eines Tages. Der Siebenjährige segelte eine Dreiviertelstunde zur anderen Seite der Bucht. Alleine.

Das hat ihn bis heute geprägt, sagt Oliver Stief, kaufmännischer Direktor des Bamberger Bosch-Werks. Was meint der 50-Jährige konkret damit? „Diesen Anspruch, mit sich selbst klarzukommen, Verantwortung zu übernehmen.“ Verantwortung hat er reichlich. Das größte Werk im Bosch-Verbund ist Leitwerk für 19 Fertigungsstandorte in elf Ländern, für die es den Anlauf neuer Teile koordiniert.

Keine VW-Delle

Bamberg macht über eine Milliarde Euro Umsatz. Im letzten Jahr wurden 100 Millionen in neue Maschinen und Anlagen investiert. Dieses Jahr werden es weitere 100 Millionen werden, sagt Stief. 2015 war ein Boom-Jahr, im dem Bosch in Bamberg die Belegschaft um 500 Beschäftigte aufstockte. Im Laufe des Jahres soll die Zahl der Mitarbeiter wieder auf 7500 sinken. Weil die Diskussion um den Diesel aufs Geschäft drückt? Nein, sagt Stief. Die Fabrik spüre bei ihren Abrufzahlen für ihre Produkte bislang nichts von VW-Skandal und Diesel-Debatte. „Es gibt keine VW-Delle.“ Allerdings müsse man sich schon Sorgen machen um die Diskussion in der Öffentlichkeit.

Dieselerzeugnisse wichtig

Würde der Autokäufer dem Diesel den Rücken kehren, hätte Bamberg ein Problem. Denn die Hälfte seines Umsatzes macht das Werk mit Dieselerzeugnissen. In Bamberg werden Komponenten für die Diesel- und Benzineinspritzung, Systeme zur Abgasnachbehandlung, Sensorteile für die Lambdasonde, Zündkerzen und Batterien für Hybridantriebe hergestellt. Zündkerzen machen nur noch gut zehn Prozent des Volumens aus. Stief geht davon aus, dass Teile für Verbrennungsmotoren bis 2030 überwiegendes Geschäft bleiben werden. Ab etwa 2020 werde das Werk den Strukturwandel hin zur Elektromobilität spüren.

Arbeiten an der Super-Batterie

Für die gemeinsame Entwicklung der Batterie haben sich Bosch, die japanische GS Yuasa und Mitsubishi in einem Joint Venture zusammengefunden. Das Ziel: Eine Batterie, die bis 2020 bei weniger Gewicht deutlich mehr Reichweite und kürzere Ladezeiten möglich macht.

Seit Juli 2014 ist Stief Chef in Bamberg, und fast alle Vorgänger wurden hier pensioniert. Das wären noch zehn Jahre in Bamberg für den 50-Jährigen. Bei Bosch gehen Führungskräfte mit 60 in den Ruhestand. Stief pendelt zwischen Bosch und Patchwork-Familie in Stuttgart und will „eine vernünftige Balance“ finden.

Weg mit Anzug und Krawatte

Im neuen Werk hat er sich gut eingelebt. Mit Kollegen, überwiegend von der Werkbank, fährt er einmal die Woche in einer Rennrad-Gruppe durch die Fränkische Schweiz, den Steigerwald oder die Haßberge. 60 bis 100 Kilometer, 30er Schnitt. Man ist per Du. „Das Du macht viele Dinge einfacher.“ Der Respekt kommt aus der Rolle, die man hat. Aus dem, was man umsetzt, sagt er. Nicht aus dem formalen Sie. Polohemd oder Pulli sind Stief lieber als Anzug und Krawatte. „Damit hab‘ ich aufgeräumt.“ Ein kleiner Kulturschock sei da schon durchs Werk gegangen.

Nach dem Abitur ging der gebürtige Flensburger drei Jahre zur Bundeswehr, war in Flensburg und in Böblingen stationiert. In Böblingen kam es zum Kontakt mit Bosch. Stief machte ein duales Studium, Betriebswirtschaft an der Berufsakademie Stuttgart, wurde Controller, ging dreieinhalb Jahre für die Firma nach Korea, dann nach Salzgitter, Stuttgart-Gerlingen, Stuttgart-Schwieberdingen.

Mehr Druck ist besser

Mit Bamberg hat er ein Werk, „das an der Spitze dessen steht, was technisch möglich ist“. Die neuen Common-Rail-Einspritzsysteme arbeiten mit 2500 bar Druck. Das Gewicht eines Elefanten auf einem Stecknadelkopf entspreche etwa 1000 bar Druck, sagt Stief. „Mehr Druck ist besser. Zumindest bei der Einspritzung hilft Druck.“ Ihm selbst ist wichtig, wie er mit Menschen in Kontakt steht. Am 1. Januar feierte Stief seinen 50. Geburtstag. Drei Feste, alle mit netten Leuten. „Das war das größte Geschenk. Da möchte ich nicht mit einer Weltumsegelung tauschen.“