Offene Lehrstellen Manche Betriebe geben es auf

Viele Jugendliche in der Region streben eher einen höheren Schulabschluss als eine Lehrstelle an. Foto: /Jan Woitas/dpa

Dieses Jahr gab es so viele Lehrstellen wie lange nicht mehr. Allerdings sinkt die Zahl der Bewerber immer weiter. Das hat auch einen Grund. 

 
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Die Schere geht immer weiter auseinander: Im Ausbildungsjahr von September 2021 bis September 2022 meldeten die Unternehmen im Landkreis Wunsiedel 844 betriebliche Lehrstellen, das waren 108 mehr als im Jahr zuvor. Dem gegenüber standen 415 Jugendliche, die eine duale Ausbildung beginnen wollten. „Das heißt, im Grunde hat jeder Jugendliche zwei Stellen zur Verfügung. Dennoch hat nicht jeder einen Ausbildungsplatz gefunden“, sagt Berufsberater Stefan Neumann von der Agentur für Arbeit in Marktredwitz im Jugendhilfe-Ausschuss. Einige der Mitglieder sind darüber erstaunt. Wie kann das sein?

Tatsächlich seien sechs Jugendliche trotz des für sie guten Stellenmarktes nach wie vor auf der Suche. „Diese warten entweder noch auf eine Zusage oder auf die Einladung zu einem Bewerbungsgespräch“, so der Ausbildungsexperte.

Weitere 28 haben sich für eine Alternative entschieden und wollen entweder ein Soziales Jahr beginnen, besuchen ein Berufsvorbereitungsjahr in der Berufsschule oder wollten erst einmal arbeiten. Letztlich hätten 251 der 415 Jugendlichen tatsächlich eine Ausbildung begonnen. „Die übrigen haben sich in aller Regel dafür entschieden, eine weiterführende Schule zu besuchen, da sie vielleicht in Zukunft studieren wollen.“

Viele Betriebe frustriert

Angesichts dieser Tendenz sind viele Betriebe frustriert. „Ja, es gibt mehrere, die partout keinen Auszubildenden finden und die Lehrstellen bei uns erst einmal abgemeldet haben.“ Aktuell listet Stefan Neumanns Statistik 191 offene Ausbildungsplätze auf.

Wenn nicht aus dem Umland oder der weiteren Region immer wieder Jugendliche eine Lehre im Landkreis Wunsiedel beginnen würden, sähe die Bilanz weit schlechter aus.

Eine Zahl ist für Stefan Neumann ein Phänomen: 60 Prozent. In etwa so viele Jugendliche von all denen, die ursprünglich eine Lehrstelle anstrebten, starten zum Ausbildungsbeginn auch tatsächlich in einem Betrieb ihre Karriere. Das war dieses Jahr so und auch schon vor zehn Jahren. „Damals gab es allerdings für 578 Suchende lediglich 569 Stellen.“

Wie Neumann, der als alter Hase in der Berufsberatung viele Jahre Erfahrung in dem Metier hat, sagt, sind die Jugendlichen wählerischer geworden. „Manche konzentrieren sich auf ganz wenige Berufe und auch nur auf bestimmte Firmen. Es wird für die Betriebe definitiv schwieriger, Jugendliche zu finden.“

Ist es jetzt schwierig für die Betriebe, Nachwuchs zu finden, standen vor ein, zwei Jahrzehnten etliche Jugendlichen vor dem Problem, überhaupt eine Chance zu erhalten. Seinerzeit waren es die Lehrmeister oder Personalchefs, die extrem wählerisch waren und teilweise Jugendliche mit Hauptschulabschluss (heute Mittelschulabschluss) von vornherein „aussortiert“ haben.

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