Das könnten unter anderem auch diejenigen sein, die von der Bundesagentur in den vergangenen Jahren in die Solo-Selbstständigkeit begleitet wurden - Gastronomen, kleine Hoteliers, Handwerker, kleine Taxiunternehmer. Marc Schattenberg, Volkswirt bei der Deutschen Bank, geht davon aus, dass die Wirtschaftsleistung insgesamt in Deutschland um rund fünf Prozent sinken, die Arbeitslosigkeit dagegen deutlich steigen wird.
Ausstiegsszenario wichtig
Damit wäre beim Bruttoinlandsprodukt der Bereich der Finanzkrise in etwa erreicht - allerdings mit einem deutlich stärkeren Fokus auf Dienstleistung und auch Exportwirtschaft, nicht so stark wie damals auf die Finanzwirtschaft ausgerichtet. Wichtig sei jetzt ein Ausstiegsszenario aus dem Stillstand. «Wir sollten aus Angst vor dem virologischen Tod nicht den ökonomischen Tod riskieren», sagte Schattenberg.
Wie Schattenberg glaubt auch Katharina Utermöhl von der Allianz-Gruppe, dass der volkswirtschaftliche Schaden vor allem von der Dauer des Stillstandes abhängt. Die Rechenmodelle gehen derzeit davon aus, dass die Wirtschaft spätestens Anfang Mai wieder anläuft - eine in den Augen von Medizinern eher optimistische Annahme. Auch wenn der Vergleich hinken mag: China hat bei völligem Stillstand zwei Monate gebraucht, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Deutschland hat mildere Kontaktsperren erst vor einer Woche verhängt.
Einig sind sich die Volkswirtschaftsexperten in einem Punkt: Die Regierungen in Bund und Ländern haben mit ihren historisch großen Paketen von Eindämmungsmaßnahmen richtig reagiert. «Allein in Deutschland beläuft sich dieses staatliche Sicherheitsnetz für den Privatsektor auf rund 1,2 Billionen Euro - rund 30 Prozent der Wirtschaftsleistung», sagte Utermöhl. «Diese helfen besonders betroffenen Betrieben über Liquiditätsengpässe hinweg und bewahren sie vor der Zahlungsunfähigkeit», betonte Fritzi Köhler-Geib, Chef-Volkswirtin der KfW-Gruppe.
Kurzarbeit auch für Azubis?
Ein Streit entbrannte unterdessen um die Frage, ob Kurzarbeit in der Krise ausnahmsweise auch für Auszubildende möglich sein sollte. Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sagte der «Welt am Sonntag»: «Wir müssen dringend vermeiden, dass Betrieben, die von der Krise massiv betroffen sind, nichts anderes übrig bleibt, als Ausbildungsverhältnisse zu beenden». Der Deutsche Gewerkschaftsbund hält das hingegen für falsch. «Hände weg von den Azubis», sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. Die Auszubildenden bekämen ohnehin vergleichsweise sehr wenig Geld und würden durch weitere Kürzungen in existenzielle Probleme gestürzt.
Klar ist, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam zum Durchhalten verdonnert sind. «Voraussichtlich wird die Industrie nicht so schnell hochfahren, wie sie jetzt runterfährt», sagte Jens-Oliver Niklasch, Volkswirt bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Die Industrie sei international stark vernetzt und abhängig von Lieferketten auf der einen und Absatzmärkten auf der anderen Seite. «Wir haben dabei das Problem, dass die Pandemie einige Länder und Regionen jetzt erst erreicht - allen voran die USA, aber auch wichtige Emerging Markets wie Brasilien, Indien, Russland», sagte Niklasch.