Atheist Higgs gegen Begriff "Gottesteilchen"
Ein Verleger bezeichnete das Higgs-Boson deshalb auch reißerisch als "Gottesteilchen". Das gefiel weder dem atheistischen Namensgeber noch anderen Teilchenforschern. Trotzdem: Das "Gottesteilchen" ist, ähnlich wie die Relativitätstheorie, vielen Menschen ein Begriff. Es war der letzte unbekannte Baustein im Standardmodell der Teilchenphysik und löste das Dilemma, das viele Theoretiker hatten: Die Elementarteilchen in ihrem Modell hatten keine Masse.
Der Higgs-Mechanismus funktioniert wie eine Art Sirup, der an Elementarteilchen klebt, sie abbremst und ihnen so Masse verleiht. Das Higgs-Feld, der Sirup, zeigt sich über das Higgs-Teilchen.
Gemessen an der Aufmerksamkeit, die von dem Moment der Entdeckung an auf ihn einprasselte, war Higgs so etwas wie ein Physik-Popstar. Der Wissenschaftler bezeichnete das Rampenlicht teilweise als Plage. Je älter er wurde, desto weniger Interviews gab er. Stattdessen wollte der zweifache Vater mehr Zeit mit seiner Familie verbringen.
Der Trubel war ihm zu groß
Die Liste der wissenschaftlichen Preise und Ehrentitel, mit denen der Forscher ausgezeichnet wurde, ist lang. Die Ernennung zum "Sir" lehnte er jedoch 1999 dankend ab. Es sei zu früh dafür gewesen, sagte er später der BBC - und sowieso wolle er einen solchen Titel nicht.
Auch sonst war er ein kritischer Geist: So blieb Higgs aus Protest gegen die Palästinenser-Politik Israels der Verleihung des renommierten Wolf-Preises in Jerusalem fern. Er unterstützte die Anti-Atomwaffen-Bewegung - aber als diese sich auch gegen die zivile Nutzung der Atomkraft richtete, war Schluss damit.
Higgs war stets ein bescheidener Mann. An seinem Popstar-Status änderte das bis zum Ende seines Lebens nichts: Als er bereits über 80 Jahre alt war, bekam die Universität Edinburgh einem Sprecher zufolge noch immer massenhaft Anfragen nicht nur für Interviews, sondern auch für Vorträge, die er immer seltener annahm.
Mit 85, hatte Higgs einmal gesagt, wolle er endgültig in Rente gehen. Wirklich einhalten konnte er diesen Vorsatz aber nicht. Die ein oder andere Einladung nahm der berühmte Physiker trotzdem an. Denn das Interesse an seiner Person blieb bis zum Schluss ungebrochen.