Anna, du hast eine Freundin. Wie lange seid ihr schon zusammen?
Anna: Wir sind seit Mai zusammen. Im September sind wir zusammengezogen.

Wie habt ihr euch kennengelernt?
Anna: Sie war vorher mit einer Freundin von mir zusammen. Als dann Schluss war, hat sich das so entwickelt. Ich stand schon immer ein bisschen auf sie, aber dachte nie, dass ich bei ihr eine Chance habe.

Wie sieht es bei dir aus, Nina?
Nina: Ich hatte erst vor kurzem eine Freundin. Ich hatte bis jetzt drei richtige Beziehungen mit Frauen. Die gingen alle ungefähr ein Jahr.

Du betonst „mit Frauen“, warst du auch mal mit einem Jungen zusammen?
Nina: Ich hatte mit 13 meinen ersten Freund. Danach habe ich auch gemerkt, dass ich irgendwie mehr auf Frauen stehe. Ich war schon immer viel mit Jungs unterwegs. Freundschaftlich habe ich mich einfach bei Jungs viel wohler gefühlt. Ich ziehe mich auch gerne maskulin an.

Hattet ihr dann auch Sex mit Jungs?
Anna: Ich hatte zwar auch als Erstes einen Freund, aber mir war von Anfang an klar, dass das nichts Ernstes ist. Deswegen lief da nicht mehr.
Nina: Ich hatte auch schon mehr mit Männern. Es war auch nie schlecht, so etwas würde ich nie behaupten. Aber mit Frauen ist es einfach besser. Jetzt habe ich aber nichts mehr mit Männern diesbezüglich zu tun.

Was machen Frauen im Bett besser als Männer?
Nina: Sie sind einfühlsamer. Da steckt einfach mehr dahinter. Außerdem ist es auch der Reiz des Besonderen, der es so spannend macht.

Wie war der erste Kuss mit einer Frau?
Nina: Es war einfach ungewöhnlich und total spannend. Das war schon etwas anderes, als mit einem Jungen.
Anna: Stimmt.

Wie eifersüchtig seid ihr in einer Beziehung?
Nina: Bis jetzt habe ich die Erfahrung gemacht, dass Frauen sehr eifersüchtig sind. Zumindest bin ich das und meine Exfreundinnen waren genauso. Zum Teil liegt es daran, dass viele Lesben auch offen für ein Verhältnis mit Männern sind. Deswegen kann beim Partner schnell eine Verunsicherung entstehen.
Anna: Da stimme ich zu. Ich bin ebenfalls sehr eifersüchtig, vor allem, weil ich oft denke, dass meine Freundin viel zu gut für mich ist. Außerdem finde ich es auch schlimm, obwohl ich weiß, dass sie lesbisch ist, wenn sie von einem Mann angemacht wird. Da gibt es dann schon einen kleinen Aufstand.

Wie und wo lernt ihr Frauen kennen?
Nina: Der Vorteil ist, dass Frauen sehr offen sind und probieren gerne Neues aus. Ich habe keine Probleme damit, jemanden zum Beispiel auf einer Party anzusprechen. Das heißt aber nicht, dass ich richtig auf Jagd gehe. Meine Exfreundin habe ich zum Beispiel am Christopher-Street-Day kennengelernt. Da war es nicht so schwer zu erkennen, dass sie auf Frauen steht.

Wie sieht euer Freundeskreis aus? Kennt ihr viele Homosexuelle?
Nina: Natürlich haben wir lesbische und schwule Freunde, die wir durch das Internet oder auch durch Lesbentreffen kennengelernt haben. Wir sind früher ab und zu nach Frankfurt gefahren. Da gibt es so etwas.

Schaut ihr euch um, wenn ihr einen attraktiven Mann an euch vorbeigehen seht?
Anna: Nein, da besteht kein Interesse.
Nina: Ich schaue auch keinen Männern hinterher. Das ist für mich so, als würde ein normaler Hetero-Mann einem anderen hinterherschauen.

Wie gehen eure Eltern mit eurer Homosexualität um?
Anna: Von meiner Mutter und meinem Stiefvater wird das ignoriert. Sie bezeichnen unsere Wohnung auch immer nur als Wohngemeinschaft. Sie reden nicht darüber. Mein richtiger Vater ist jetzt mit einem Mann zusammen. Daher hatte er da wenig dagegen.
Nina: Meine Eltern gehen damit ganz locker um. Meine Mutter war erst ein wenig schockiert, aber akzeptiert es. Bei meiner Verwandtschaft war das anders. Viele haben nicht mehr viel mit mir zu tun. Mehr als Hallo sagen, besteht zwischen uns nicht mehr.

Und wie ist es mit eueren Freundinnen?
Nina: Meine Exfreundin habe ich nur zweimal in 1,5 Jahren Beziehung besucht. Ihre Eltern sind ausgerastet, wenn mein Name gefallen ist.

Kommt für euch Heirat in Frage?
Anna: Für mich kommt das schon in Frage.
Nina: Darüber habe ich mir noch nicht so viele Gedanken gemacht. Aber wenn die richtige Frau kommt, ja.

Wie war die erste Zeit für euch, als ihr gemerkt habt, dass ihr auf Frauen steht?
Anna: Ich wollte das am Anfang gar nicht so richtig wahr haben. Ich dachte, das ist nur so eine Spinnerei in der Pubertät. Da war ich so 13 Jahre alt. Ich habe dann immer im Internet gegoogelt, was das sein kann. Es gibt ja sogar so Tests, die man da machen kann. Das war schon eine komische Situation.
Nina: Das ist total krass. Man denkt nur an Frauen und kann das gar nicht einordnen. Ich dachte auch anfangs erst, dass das vielleicht nur so eine Phase von mir ist.

Entstehen Konflikte bei der Arbeit oder in der Schule mit den Lehrern deswegen?
Anna: Ich arbeite im Kindergarten. Die Kinder sind sehr ehrlich und haben direkt die Frage gestellt, ob ich ein Mann oder eine Frau bin und warum ich Männerklamotten trage. Ich hatte auch ein Gespräch mit der Kindergartenleitung und die meinte, dass vermutlich die Eltern ihre Kinder darüber aufklären.
Nina: Ich gehe auf die Fachoberschule in Kulmbach. Die Lehrer schauen schon oft recht blöd. Oft denken sie auch, dass ich automatisch nur Ärger machen will. Ich kann schon manchmal etwas vorlaut sein. Aber nicht mehr als andere. Im Praktikum hat mir meine maskuline Seite geholfen. Ich habe mit Behinderten gearbeitet und die grapschen sonst gerne Frauen an. Davon bin ich zum Glück verschont geblieben.

Wie reagiert die Gesellschaft auf euch? Könnt ihr normal auf die Straße gehen?
Nina: Alleine ist das nicht das Problem. Wenn ich aber mit einer Freundin unterwegs bin, muss man sich schon mal dumme Sprüche anhören. Vor allem die ältere Generation versteht das nicht. Das passt einfach nicht in ihr Glaubensbild. Sie meinen, dass in einer Beziehung unbedingt ein Mann und eine Frau sein müssen. Ich selbst gehe nicht in die Kirche, aber an Gott glaube ich schon.

Wer hat von euch in einer Beziehung die Hosen an?
Anna: Bei mir und meiner Freundin gibt sie eher den Ton an. Aber es ist eigentlich ausgeglichen. Meine Freundin hat sich aber auch verändert in der Zeit. Anfangs hat sie sich mehr maskulin angezogen, so wie ich eben. Inzwischen ist sie weiblicher.
Nina: Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass meistens die feminin-wirkenden Lesben eher die Hosen in einer Beziehung anhaben.

Was wollt ihr für eine Botschaft loswerden?
Anna: Vor allem Eltern sollen mehr Akzeptanz zeigen. Viele ignorieren, dass ihre Tochter lesbisch ist oder der Sohn schwul, aber dadurch wird sich das nicht ändern.
Nina: Es gibt nichts Schlechtes daran, schwul oder lesbisch zu sein. Man verliebt sich nicht in ein Geschlecht, sondern in den Menschen.