Neues Ermittler-Duo gibt in Nürnberg seinen überzeugenden Einstand Erster Franken-„Tatort“: Bassd scho

Von Norbert Heimbeck
Von links vorne nach rechts vorne: Online-Redakteurin Kerstin Fritzsche, Fränkisch-Spezialist Eberhard Wagner, der Bayreuther Kripo-Chef Uwe Ebner, Online-Volontär Christophe Braun, Drehbuch-Autor Johannes Betz, Online-Chefin Katharina Ritzer, Online-Redakteurin Marie-Christine Fischer. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Aufregung geht anders: „Jaja, das Waldsterben.“ So trocken kommentiert Michael Schatz, Leiter der Spurensicherung, einen Leichenfund im Nürnberger Reichswald. Dieser Satz ist bezeichnend für den neuen „Tatort“ aus Franken: lakonisch, unaufgeregt, witzig erst beim zweiten Hinhören – typisch fränkisch halt. Die Geschichte wird in eher sanften Bildern erzählt, selbst die unvermeidliche Verfolgungsjagd braucht keine quietschenden Reifen und dröhnenden Motoren, sondern lediglich einen sprintstarken Hauptkommissar.

 
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Der neue „Tatort“ ist ziemlich fränkisch, so wie es zwischen Hof und Forchheim, zwischen Würzburg und Pegnitz gewünscht wurde. Und er ist ziemlich gut. Das liegt vor allem am neuen Ermittlerpaar, aber auch an der durchdachten Inszenierung. Eine Ostdeutsche und ein Fischkopp – die beiden Kriminalhauptkommissare Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Felix Voss (Fabian Hinrichs) sind die Chefs der Mordkommission Franken. Sie müssen sich erst zusammenraufen, was aber im Gegensatz zu anderen neuen Kommissars-Paaren erstaunlich friedlich und fröhlich verläuft. Zu ihrem Team gehören die Bambergerin Wanda Goldwasser (Elisbeth Wasserscheid), der Hofer Sebastian Fleischer (Andreas Leopold Schadt) und der Fürther Michael Schatz (Matthias Egersdörfer).

Nach dem Dialekt-Desaster des ZDF beim Mehrteiler „Tannbach“ haben die Macher des neuen „Tatorts“ genau den richtigen Zungenschlag erwischt: Nämbercher Mundart wird auch in Bayreuth und in Kronach verstanden. Die Szenen, in denen Mundart gesprochen wird, sind klug eingesetzt, man fühlt sich als Franke durchaus zu Hause. Nicht-Franken dürften keine großen Verständnisschwierigkeiten haben. Auf überflüssige folkloristische Elemente verzichtet die Regie glücklicherweise – hatte man solche Befürchtungen eigentlich auch bei anderen „Tatorten“? Oder sitzen wir hier nur den schlechten Erfahrungen mit bisherigen Inszenierungen des Bayerischen Fernsehens auf?

Die Story selbst überrascht den Zuschauer nicht zwingend: Ein erotischer Reigen zwischen Vorstadtidyll und Forschungslabor, in dem ein silberhaariger Professor, eine zickige Assistentin, eine verführerische Nachbarin und ein eifersüchtiger Babysitter lustig mit- und durcheinander vögeln, endet mit einer Leiche. Sogar der Showdown im Heizungskeller ist vorhersehbar. Damit die Geschichte nicht gar zu simpel wird, kommt noch ein bisschen militärische Forschung dazu, außerdem stammt die Mordwaffe von der Polizei.

Trotzdem gefällt dieser Tatort. Denn er bringt ein tolles Ensemble vor die Kamera: Fabian Hinrichs gibt den leicht trotteligen Ermittler, der nicht einmal seinen Umzug auf die Reihe kriegt. Dagmar Manzel nimmt die psychologische Macke ihrer Serienfigur Paula Ringelhahn nicht zum Anlass, sich gegen ihre Kollegen abzuschotten. Das fränkische Ermittlertrio spricht zwar langsam, kombiniert aber präzise. Zu der überzeugenden Truppe gehört ein Nürnberg, das die perfekte „Tatort“-Kulisse bildet: Unheimliche Häuser und düstere Unterführungen, einsame Landstraßen unter wolkigem Himmel, atmosphärisch dichte Szenen in körnigen Bildern, die an die Klassiker des Film noir erinnern. Regisseur Max Färberböck hat gemeinsam mit Catharina Schuchmann das Drehbuch geschrieben. Er spielt mit den filmischen Mitteln, zum Glück ohne neumodischem Schnickschnack zu verfallen.

Viel Dunkel, wenig Licht – aus diesem bewährten Konzept entsteht eine Spannung, die den Zuschauer mitnimmt ins nächtliche, bedrohliche Nürnberg. Unser Urteil zum neuen „Tatort“ aus tiefstem fränkischem Herzen: Bassd scho!