Flick flog nach der Niederlage gegen Japan
Der Teammanager des FC Liverpool ist seit längerer Zeit der Traumkandidat des DFB mit Präsident Bernd Neuendorf und Vize Hans-Joachim Watzke an der Spitze. Auch diesmal hatte Watzke bei seinem alten Kumpel aus Dortmunder Zeiten wieder vorgefühlt, sich aber erneut eine Abfuhr eingehandelt. Klopp, hieß es, wolle seinen Vertrag bei den Reds bis 2026 erfüllen. Stand jetzt - weitere Gespräche nicht ausgeschlossen.
Flick war nach dem 1:4 gegen Japan am 9. September nicht mehr zu halten und hatte tags darauf seinen Job verloren. Für das Duell mit Vize-Weltmeister Frankreich (2:1) hatte DFB-Sportdirektor Rudi Völler „einmalig“ übernommen und die Stimmung gedreht. Danach hatte er bei der Bundestrainer-Suche „den Hut auf“, wie der neue DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig erst am Montag klargestellt hatte.
Er wurde schnell fündig, Nagelsmann galt von Beginn an als heißester Kandidat - und anderen Anwärtern wie Louis van Gaal, Oliver Glasner oder Stefan Kuntz als überlegen. Er wird der jüngste Cheftrainer seit dem Amtsantritt von Otto Nerz 1926 (34 Jahre und neun Tage).
Nagelsmann erhält viel Zuspruch
„Natürlich kann er das“, sagte sein früherer Chef Thomas Tuchel: „Er ist ein herausragender Trainer“, an „fachlicher Qualität oder Skills“ werde es nicht scheitern. Auch Uli Hoeneß traut Nagelsmann den Job „grundsätzlich zu“, gab aber zu bedenken: „Der DFB könnte jetzt den Kaiser von China holen, der würde es auch schwer haben.“ Der Neue müsse „den Laptop zu Hause lassen und erst einmal über die Emotion kommen“.
Sein Debüt würde Nagelsmann auf der umstrittenen USA-Reise geben. Deutschland spielt in Hartford/Connecticut am 14. Oktober gegen die Amerikaner - Nagelsmanns Nagelprobe. Drei Tage später folgt das Duell mit Mexiko in Philadelphia.
Nagelsmann war lange der Musterschüler unter den deutschen Fußball-Trainern. Er war beim FC Augsburg II zunächst Co-Trainer von Tuchel, schon mit 25 wurde er übergangsweise Assistent bei der TSG Hoffenheim, damals unter Interimstrainer Frank Kramer. Mit 28 stieg er als Nachfolger von Huub Stevens in Hoffenheim zum jüngsten hauptamtlichen Cheftrainer der Bundesligageschichte auf.
Aufstieg und Fall mit dem FC Bayern München
Es folgten zwei Jahre bei RB Leipzig – dann kam der Sprung zum großen FC Bayern. Er moderierte den Verein mit lockeren, manchmal auch arg forschen Sprüchen durch die Corona-Pandemie. Erste Risse bildeten sich durch ein 0:5 im DFB-Pokal gegen Borussia Mönchengladbach und das überraschende Aus im Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Villarreal.
Unvergessen bleibt, wie Karl-Heinz Rummenigge ihn im Oktober 2022 „ein großes Trainertalent“ nannte. Aus Rissen wurden bald Verwerfungen. Zwar schalteten die Bayern in Nagelsmanns zweiter Saison im Champions-League-Achtelfinale Paris St. Germain aus, verspielten in der Liga aber einen klaren Vorsprung auf Dortmund. Er flog nach einem 1:2 bei Bayer Leverkusen am 25. Spieltag raus - und wurde dabei kalt erwischt.
Nachfolger wurde sein früherer Chef in Augsburg: Tuchel. Sechs Monate später ist Nagelsmann zurück - als Bundestrainer, als EM-Retter. Als Zukunft des deutschen Fußballs. Vorerst.