Nachbarschaftsstreit Rache an der „fetten Sau von unten“ ging nach hinten los

In Bayreuth stand der 36-Jährige vor Gericht. Er soll eine Frau beleidigt haben, nachdem sie sich wegen Kindergeschrei beschwert haben. Foto: picture alliance/dpa/Nicolas Armer

Mieterstreit in Pegnitz. Ein Mann ist genervt von den Beschwerden und lässt einer Frau die Luft aus den Reifen. Dafür kriegt er eine satte Geldstrafe: 2250 Euro.

 
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Ein Mai-Abend, 21.45 Uhr, 15 Grad. Eine Frau macht sich fürs Bett fertig. Da zischt es. Sie erschrickt: „Vielleicht das Gas?“ Doch dafür sind die Pausen zwischen dem Gezische zu lang. Aus dem zweiten Stock blickt sie durchs Fenster. Sie sieht einen Schatten auf dem Parkplatz, vorm Auto ihrer Nachbarin. Es zischt weiter. Reifen senken sich. Sie öffnet das Fenster und schreit: „Ich sehe dich!“ Die Gestalt schaut zu ihr. „Ich glaube, ich weiß, wer du bist!“, ruft die Frau. Die Gestalt flüchtet.

Die Gestalt ist ein 36-Jähriger aus Pegnitz, verfangen in einem Nachbarschaftsstreit. Die Freundin des Mannes wohnt mit der gemeinsamen Tochter in dem Wohnblock. „Nicht sehr kinderfreundlich“, beschreibt die Gestalt das Haus der Wohnungsgenossenschaft Pegnitz. Weil sich eine Nachbarin seiner Freundin dort ständig wegen Kinderlärm beschwere, soll er die Luft aus deren Autoreifen gelassen und sie zuvor als „fette Sau“ beleidigt haben. Jetzt stand er vor Gericht.

Er soll in der Wohnung gegrillt haben

Ein Vorstandsmitglied der Wohnungsgenossenschaft, der als Zeuge aussagt, spricht von trampelnden Kindern, die mit Wasserbomben werfen. Und der Mann soll in der Wohnung gegrillt haben. Er kriegt Post von der Wohnungsgenossenschaft – eine Mieterin beschwert sich. Es kommt zum Streit zwischen dem dem Vorstandsmitglied und dem MannDie sagt: Mit dem Brief werde er sich den „Hintern abwischen“ und ihn dann in den Büro-Briefkasten werfen. Die Freundin des 36-Jährigen sucht ein klärendes Gespräch mit dem Vorstandsmitglied. Sie entschuldigt sich für ihren Freund: „Er ist nun mal so.“ Der Vorstand nimmt die Entschuldigung an. Als der das vor Gericht erzählt, ist das eine Neuheit für den Angeklagten. Ihm entweicht nur ein perplexes „Okay“. Ein Unbekannter ist er nicht. 15 Eintragungen im Bundeszentralregister. Körperverletzung, Diebstahl, Beleidigung. Die letzte Geldstrafe betrug 50 Tagessätze. Nicht wenig für jemanden mit 1000 Euro Einkommen. Davon zahlt er Unterhalt für Sohn und Tochter.

An einem Tag zwischen dem 7. und 14. Mai verliert der Angeklagte die Beherrschung: Eine Freundin der Tochter ist zu Besuch, ihre Mutter möchte das Mädchen abholen, parkt auf dem Gehsteig vor dem Haus, versperrt die Einfahrt. Der Vorstand macht ein Foto. Der Angeklagte fragt, was das solle. Was das hier für ein Haus sei. Was der „fetten Sau von unten“ einfalle, sich zu beschweren. Das ist ihm aber nicht genug: Am 22. Mai lässt er die Luft aus den Reifen der „fetten Sau“, da sich diese Mieterin wohl schon öfter beschwert hatte. Sein Pech: Er wird gesehen – von der Mieterin, die sich gerade bettfertig gemacht hatte. Und er wird angezeigt.

Sein Glück: Reifen gingen nicht kaputt

Vor Gericht bestreitet er die Vorfälle mit einem schwachen „Ich war’s net.“ Doch die Zeugen überzeugen die Richterin. „Die Sache mit dem Abwischen wurde Ihnen schließlich verziehen.“ Seine Vorstrafen, sagt die Staatsanwältin, belasten den Angeklagten massiv. Sie glaubt: Die Beleidigung und die Sachbeschädigung der Reifen habe stattgefunden. Da die Reifen aber nicht kaputtgingen, beantragt sie eine Geldstrafe: „Die Geschichte hätte gefährlich enden können.“ Sie plädiert auf 100 Tagessätze zu je 27 Euro. Die Richterin spricht den Mann schuldig, senkt die Geldstrafe aber wegen seiner finanziellen Umstände auf 2250 Euro.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, denn der Mann hat nach eigenen Angaben gegen dieses Urteil Widerspruch eingelegt. Dies hat er dieser Zeitung telefonisch mitgeteilt. Außerdem weist er darauf hin, dass er nicht in der Wohnung gegrillt habe, sondern auf dem Parkplatz vor dem Haus.

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