Nach der Berlin-Wahl „Die SPD wurde abgestraft“

Kai Wegner (links), Landesvorsitzender CDU in Berlin und Spitzenkandidat seiner Partei bei der Wiederholungswahl, hat das Unmögliche geschafft: Er hat einen deutlichen Sieg eingefahren und der SPD eine historische Schlappe eingebracht. Foto: dpa/Monika Skolimowska

Freude, Schock und tiefe Enttäuschung: das Wahlergebnis von Berlin hat auch die Parteivorsitzenden in Bayreuth berührt. Der Kurier fragte nach.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Enttäuschung hier, Zufriedenheit dort. Am Tag nach der Wahl in Berlin, die mit einem überragenden Sieg für die CDU und einer historischen Niederlage für die SPD endete, verspürt der Vorsitzende des SPD-Stadtverbandes, Tobias Schmidmeier, einen tiefen Schock, die Kreisvorsitzende der CSU, die Bundestagsabgeordnete Silke Launert, freut sich über das gute Ergebnis für die Schwesterpartei in der Hauptstadt und die Vorsitzende der FDP in Bayreuth, Luisa Funke-Barjak, ist einfach nur enttäuscht.

„Es muss sich einiges ändern“

Dass die SPD in Berlin nur noch bei 18, die CDU hingegen bei 28 Prozent steht, habe ihm einen Schock versetzt, beteuert Schmidmeier. Klar hoffe er, dass die „progressive Mehrheit“ – SPD, Grüne und Linke – wieder eine Koalition bilden werden. Aber genauso klar sei auch, dass es ein weiter so nicht geben könne. „Es muss sich einiges ändern, es müssen wichtige Probleme angegangen und gelöst werden“, fordert der Stadtverbandsvorsitzende. Probleme, die auch ein CDU-Bürgermeister Kai Wegner nicht mal einfach so aus der Welt schaffen könne. Die SPD wurde abgestraft, gibt Schmidmeier zu. Allerdings sei die Zeit seit der Wahl 2021 zu kurz gewesen, um eklatante Probleme merklich zu ändern. Mit dem Ergebnis, dass die SPD nun abgestraft worden sei. „Wir müssen aus dieser Klatsche lernen, weiter wurschteln geht nicht“, sagt er. Trotzdem hält Schmidmeier die amtierende Koalition aus SPD, Grünen und Linke für die beste Lösung, weil sie viele Schnittmengen aufweise.

Schlüsse ziehen

So recht erklären kann sich Funke-Barjak das bittere Wahlergebnis für die FDP nicht. An der Bundesregierung könne es nicht liegen, da die FDP dort einen guten Job mache. Viele FDP-Wähler seien wohl, wie auch bei der SPD, zur CDU gewandert, weil man deren Spitzenkandidat mehr Kompetenz bei Themen wie Innerer Sicherheit zutraut. Die FDP müsse nun das Wahlergebnis analysieren und ihre Lehren und Schlüsse daraus ziehen. Was aber unverrückbar sei: Dass die FDP für liberale Ideen und Gedanken stehe. Auch im Wahlkampf im Bayern.

Leichter Verlust

Genüsslich zurücklehnen kann man sich bei den Grünen und den Linken. „Das Ergebnis der Wahl zeigt, dass unser Kandidat in Berlin, Klaus Lederer, bei den Wählerinnen und Wählern gut angekommen ist“, sagt der Bayreuther Linke-Kreisvorsitzender René Liebermann. Er habe einen gute Job gemacht, als Kultursenator ebenso wie im Wahlkampf. Die Linke kam bei der Wahl am Sonntag auf 12,2 Prozent, 2021 waren es 14,1 Prozent. „Ein leichter Verlust nur“, bilanziert Liebermann. Und zieht daraus noch ein zweites Fazit: „Die Linke ist nach innerparteilichen Querelen wieder aus dem Tief heraus.“ Dass es mit der noch amtierenden Koalition weiter geht, davon ist Liebermann überzeugt. Die CDU werde nicht mit den grünen koalieren können, da die Unterschiede wie zum Beispiel in der Verkehrspolitik zu groß seien. Vielleicht sei in der Regierung nicht alles rund gelaufen, meint Liebermann. Das habe sich aber die SPD anzukreiden, zum Beispiel bei dem Thema Innere Sicherheit. Dafür sei sie ja nun abgewatscht worden. Auf die Frage, wer in Zukunft Berlin regieren werde, könne es nur eine Antwort geben: Nicht die CDU.

Konstantes Ergebnis

Ulf Boderius, Grünen-Kreisvorsitzender in Bayreuth, sagt, er sei mit dem Wahlausgang, was seine Partei betreffe, rundum zufrieden. Noch zufriedener sei er hingegen gewesen, wenn seine Partei 105 Stimmen mehr erhalten habe und damit wenn auch knapp vor der SPD liegen würde. Doch dann sei eine Fortsetzung der amtierenden Regierung nicht mehr möglich. Denn Franziska Giffey, die amtierende Bürgermeisterin, würde niemals ins zweite Glied zurücktreten. Das „konstante Ergebnis“ zeige auch, so Boderius, dass die Wählerinnen und Wähler der Grünen mit der bisherigen Arbeit zufrieden seien. „Wir haben für Themen wie Verkehr, Bildung und Klima eben die richtigen Lösungen“, sagt der Vorsitzende. Das hätten die Berliner honoriert und sich damit auch für ein weiteres Regieren in der amtierenden Koalition ausgesprochen.

Linke Regierung

Nach 20 Jahren sei es an der Zeit, die linke Regierung in Berlin abzulösen. Das sei nicht nur ihre Meinung, sagt Silke Launert, sondern auch all derer, die der CDU in Berlin zu diesem tollen Ergebnis verholfen hätten. Vielleicht finden SPD und CDU doch zusammen. Schließlich seien beide Parteien bei Themen wie Verkehr, Innere Sicherheit und Wohnungsbau näher beisammen als die SPD zu den Grünen. Sie sei jedoch überzeugt, sagt Launert, dass sich Franziska Giffey die Chance, wieder Bürgermeisterin von Berlin zu werden, nicht werde nehmen lassen. „Ich gehe davon aus, dass sich nichts groß ändern wird“, sagt sie. Giffey und die SPD hätten aber den Schuss vor den Bug gespürt. Vielleicht zögen sie daraus die richtigen Lehren. Klar sei auf jeden Fall, so Launert: „Die künftige Regierung muss deutlich effizienter handeln.“

Autor

Bilder