Das unter der Flagge Singapurs fahrende Containerschiff „Dali“ hatte die vierspurige und 2,6 Kilometer lange Autobrücke am Dienstag kurz nach Mitternacht gerammt. Ersten Erkenntnissen zufolge hatte das vollbeladene Schiff, das der Charterfirma Synergy Marine Group aus Singapur gehört, vor dem Unglück technische Probleme. Singapurs Schifffahrtsbehörde erklärte, die „Dali“ habe vor dem Aufprall kurzzeitig Strom und Antrieb und so die Kontrolle verloren.
Crew setzte Notruf ab
Die dänische Reederei Maersk hatte die „Dali“ nach eigenen Angaben für einen Transport von Baltimore nach Colombo in Sri Lanka gechartert. Die Crew setzte noch einen Notruf ab und warf in einem letzten, verzweifelten Versuch, den Aufprall zu verhindern, den Anker. Der Notruf ermöglichte es den Behörden in Baltimore, die Brücke in letzter Minute für den Verkehr zu sperren und so ein noch größeres Unglück zu verhindern. „Diese Leute sind Helden. Sie haben letzte Nacht Leben gerettet“, sagte Marylands Gouverneur Wes Moore.
Die US-Bundespolizei FBI und andere Behörden haben nach eigenen Angaben keinerlei Hinweise auf eine vorsätzliche Tat oder einen Anschlag. Es gebe auch keine Anzeichen dafür, dass die Brückenstruktur fehlerhaft gewesen sei, sagte Gouverneur Moore.
„Die Brücke entsprach voll und ganz den Vorschriften“, versicherte der Politiker von der Demokratischen Partei. Der Bautrupp habe auf der Brücke „Schlaglöcher repariert, nur damit Sie verstehen, dass das überhaupt nichts mit einem strukturellen Problem zu tun hatte“, ergänzte Marylands Verkehrsminister Paul Wiedefeld.
US-Präsident Joe Biden sprach von einem „schrecklichen Unfall“ und sicherte zu, Baltimores Hafen so schnell wie möglich wieder zu öffnen und die Brücke wieder aufzubauen.
Die Francis-Scott-Key-Brücke führte als Teil der Autobahn Interstate 695 südöstlich des Stadtzentrums von Baltimore über den Patapsco-Fluss. Sie wurde 1977 eröffnet und jedes Jahr von mehr als elf Millionen Fahrzeugen genutzt - das sind rund 31.000 am Tag.
Der Hafen von Baltimore ist einer der größten Frachthäfen in den USA. Im vergangenen Jahr wurde dort nach offiziellen Angaben Fracht im Wert von rund 80 Milliarden Dollar (knapp 74 Milliarden Euro) umgeschlagen, darunter sehr viele Fahrzeuge.