Das Polizeipräsidium in Cheb (Eger) teilte am Montag mit, man sei von den deutschen Kollegen um Zusammenarbeit bei der Fahndung nach der Elfjährigen gebeten worden. Auf dieser Grundlage habe man einen möglichen Aufenthaltsort des Mädchens in der Stadt Skalna in der Verwaltungsregion Karlsbad (Karlovy Vary) überprüft. „Die Polizisten stellten vor Ort fest, dass sich das vermisste Mädchen nicht dort befindet.“ In Skalna befindet sich eine der zwei Gemeinschaften der „Zwölf Stämme“.
Kinder kamen zu Pflegefamilien
Die „Zwölf Stämme“ waren früher im nordschwäbischen Klosterzimmern bei Deiningen und im mittelfränkischen Wörnitz angesiedelt. Im September 2013 hatten die Behörden wegen der Prügelvorwürfe 40 Jungen und Mädchen aus der Gemeinschaft geholt und bei Pflegefamilien und in Heimen untergebracht.
Zu diesen Kindern zählte nach Angaben des Landratsamtes Dillingen auch das nun verschwundene Mädchen. Es sei seit acht Jahren bei den jetzigen Pflegeeltern, sagte ein Sprecher der Kreisbehörde. Die leiblichen Eltern hätten in dieser Zeit „unregelmäßigen Kontakt“ zu dem Kind gehabt.
Privatschule der Sekte wurde geschlossen
Das Vorgehen der Behörden gegen die Sekte im Jahr 2013 hatte danach zu jahrelangen Prozessen geführt. Einerseits gab es mehrere Strafverfahren - eine Erzieherin der Sekte wurde sogar zu einer Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt. Andererseits gingen leibliche Eltern gegen den Sorgerechtsentzug vor. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied allerdings 2018, dass die Entscheidungen der deutschen Familiengerichte zulässig gewesen seien.
Die „Zwölf Stämme“ waren wegen des Vorgehens der deutschen Behörden nach Tschechien umgesiedelt. In Bayern war der Sekte auch der Betrieb einer eigenen Privatschule für die Kinder untersagt worden.