"Modell Lucy" von Haubitz+Zoche auf dem Luitpoldplatz Die acht wichtigsten Fragen zum Vier-Meter-Kunstwerk

Gelber Gigant: Die Skulptur "Modell Lucy" der Münchner Künstlerinnen Haubitz+Zoche. Foto: Harbach Foto: red

Ein Kunstwerk, das Lucy heißt: Was bedeutet die gelbe Skulptur, die seit dieser Woche auf dem Luitpoldplatz steht? Warum ist sie gelb? Und wie sollen die Bayreuther damit am besten umgehen? Ein Interview mit der Künstlerin Stefanie Zoche.

 
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Warum gelb, Frau Zoche?
Stefanie Zoche: Wir fanden einfach, gelb ist für diese Skulptur an diesem Ort die richtige Farbe. Das war eine intuitive Entscheidung. Wir haben ein Modell gegossen, das hat uns gut gefallen, also haben wir nicht nach farblichen Alternativen gesucht. Gelb fängt natürlich auch das Licht gut ein – und weil es ja gerade um Licht geht, passt es so besser als andere Farben.

Je nach Beleuchtung und Hintergrund ändert sich der Farbton, das hängt mit dem Material zusammen. Zunächst hatten wir einen wärmeren, honigfarbenen Ton, dann haben wir uns für ein zitronigeres Gelb entschieden, weil hier das Farbspiel mehr Nuancen zeigt.

Wie kam es zu dieser Form? Warum sieht die Skulptur so aus, wie sie aussieht, und nicht ganz anders?
Zoche: Mit den Themen, die wir in dieser Skulptur aufgreifen, hatten wir uns vorher schon in verschiedenen Projekten auseinandergesetzt – mit Architektur, mit der Inszenierung von Architektur im Stadtraum und auch mit Inszenierung an sich. Dieses Thema liegt in Bayreuth, der Stadt der Oper, natürlich nahe.

Wir haben auch mehrere Arbeiten mit Musterfassaden gemacht – Fassadenteile, die als Versatzstücke im Stadtraum aufgestellt sind. Wenn ich mit einer Tür oder einem Portal arbeite, das isoliert im Stadtraum steht und quasi ein Ausschnitt eines größeren – gedachten – Gebäudes ist, bekommt es einen interessanten skulpturalen Aspekt. „Modell Lucy“ ist ein Spiel dieser beiden Themen: die Inszenierung, die sich in der Wahl des Materials und der Zeichnung widerspiegelt, und die beiden architektonischen Versatzstücke, die ineinander verschränkt sind.

Sie haben die Skulptur mit Ihrer Partnerin Sabine Haubitz entworfen. Wie entwickelt man zusammen ein Kunstwerk?
Zoche: Das ist immer Teamarbeit, gemeinsames Überlegen. Aber wie Sie ja wahrscheinlich wissen, ist meine Partnerin im Frühjahr 2014 tödlich verunglückt. Die wichtigsten Entscheidungen in Bezug auf unser Kunstwerk für Bayreuth konnten wir noch gemeinsam treffen, es gab aber noch einige Details in der Umsetzung, die ich dann alleine entscheiden musste.

Wie geht man mit dieser Skulptur richtig um? Haben Sie da eine Gebrauchsanweisung?
Zoche: Anweisungen möchte ich gar nicht geben, man kann „Modell Lucy“ als eine Einladung an die Passanten begreifen, etwas damit zu machen: hinauf zu steigen und eine neue Perspektive auf den Stadtraum zu bekommen. Wenn ich vor der Skulptur oder auf den unteren Stufen stehe und durch das Portal blicke, dann wird durch die Skulptur ja ein bestimmter Ausschnitt des Stadtraums gerahmt – es entsteht eine Art Bild mit Rahmen. Und wenn ich durch das Portal hindurch trete und auf dem Balkon stehe, bin ich einen halben Meter über dem Boden und habe wieder eine neue Perspektive auf den Stadtraum. Durch die Scheibe habe ich einen definierten Raum um mich herum, der nach hinten fast abgeschlossen ist. Und natürlich bietet dieser Raum weitere Möglichkeiten: als Speakers’ Corner, als Ort, um sein Saxofon auszupacken, Reden zu schwingen oder um sich mit Freunden zu treffen und einen Poetry Slam zu veranstalten. Das wäre dann der Gegenpol zum Theater, in dem die Bürger die Betrachter sind. Hier dürfen sie, wenn sie möchten, direkt auf die Bühne steigen.

Ist dieser Möglichkeitsraum Teil der Skulptur?
Zoche: Ja, natürlich.

Ist dann auch der Ausschnitt der Stadt, den man durch das Portal sehen kann, Teil der Skulptur?
Zoche: Ja. Als wir eingeladen wurden, die Skulptur zu konzipieren, stand der Standort noch nicht fest. Unser Auftrag lautete: eine Skulptur für Bayreuth. Wir haben uns dann mit Bayreuth auseinandergesetzt, haben die Stadt und verschiedene Gebäude angesehen – darunter natürlich das Markgräfliche Opernhaus. Das hat uns irrsinnig gut gefallen, gerade auch im nicht renovierten Zustand – das war ein Ort, der in der Zeit eingefroren war. Im Treppenhaus haben wir einen Kronleuchter entdeckt, den wir inspirierend fanden.

Licht ist ja für jede Bühnensituation ein entscheidender Faktor; wir wollten aber nicht mit künstlichem Licht arbeiten, also haben wir nach einer Form gesucht, wie man diesen Kronleuchter in die Skulptur integrieren kann, was uns zu der Wahl des Materials geführt hat. Letztlich haben wir den Leuchter als reduzierte Punktezeichnung aufgenommen – er verändert sich im Lauf des Tages, manchmal fangen die Punkte das Licht ein und beginnen zu leuchten, manchmal sind sie auch verschattet, je nachdem, ob und von wo die Sonne scheint.

Warum steht die Skulptur aber dort, wo sie jetzt steht?
Zoche: Der Luitpoldplatz ist städtebaulich ja ein wenig zerfranst, es ist eine Schnittstelle zwischen der historischen Altstadt und neuerer Bebauung. Diese Heterogenoität hat uns interessiert. Wenn ich vom Opernhaus komme und auf „Modell Lucy“ zu gehe, dann lenkt es mich um in Richtung Festspielhügel. Die Skulptur ist der Umlenkungspunkt, sie schafft eine gedankliche Verbindung zwischen diesen beiden Orten – und sie soll auf dem städtebaulich ein wenig ungelösten Platz einen Akzent setzen.

Wie lange dauerte die Konzeption der Skulptur? Und wie lange die Fertigung?
Zoche: Die Konzeption und die Vorarbeit haben ungefähr zwei Jahre gedauert, vielleicht auch drei. Die wirkliche Umsetzung dauerte vier Monate. Wir hatten zuerst eine andere Idee ausgearbeitet, die war der Jury aber zu ephemer, zu flüchtig.

Wie genau geht das – eine vier Meter hohe Platte aus Gießharz zu fertigen mit dem Relief eines Kronleuchters, und mit Treppe und Balkon aus Beton?
Zoche: Ich habe eine Gussform aus Silikon herstellen lassen, in die dann das Harz gegossen wurde. Die Punkte wurden erst gezeichnet, dann in 1:1-Größe gedruckt und anschließend Punkt für Punkt in den Gießling eingefräst. Die Form wurde in Berlin gegossen und gefräst und dann in dieser Woche nach Bayreuth transportiert.

Das Gespräch führte Florian Zinnecker.

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