Mittelpunkte: Begegnung am Maisacker

Von Moritz Kircher
Mittelpunkt-Serie: Horst und Annette Lochmüller (links) und Andrea Zeitler am Mittelpunkt von Bindlach, ein Maisacker bei Crottendorf. Foto: Andreas Harbach Foto: red

In der Serie „Mittendrin“ besucht der Kurier die geografischen Mittelpunkte aller Gemeinden im Landkreis Bayreuth und sucht nach einer Geschichte, die sich dort erzählen lässt. Im zweiten Teil der Serie geht es um den Mittelpunkt von Bindlach, wo der Mittelpunkt auf einem Maisacker bei Crottendorf liegt. Dort sind sich für die Kurier-Serie erstmals die Menschen begegnet, die in Bindlach am weitesten voneinander entfernt wohnen.

 
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Die Welt ist ein Dorf. Und auf dem Dorf kennt jeder jeden. In Bindlach nicht. Andrea Zeitler auf der einen sowie Horst und Anette Lochmüller auf der anderen Seite trennen 7,71 Kilometer Luftlinie. Niemand in Bindlach wohnt weiter voneinander entfernt. Irgendwo im Nirgendwo haben sie sich am geografischen Zentrum von Bindlach zum ersten Mal getroffen. Eine Begegnung mit Unterschieden und Gemeinsamkeiten.

Manche Menschen stehen nicht gerne im Mittelpunkt

Die Geschichte von der Mitte Bindlachs ist schnell erzählt. Es ist ein Maisacker in der Nähe von Crottendorf. Es sind die Menschen, die eine Geschichte zu erzählen haben. Und so groß die Distanz zwischen Andrea Zeitler und den Lochmüllers ist, so unterschiedlich sind sie.

Die Idee, am Mittelpunkt ihre am weitesten entfernten Nachbarn kennenzulernen, findet Andrea Zeitler interessant. Aber allzu viel mag die Frau, die im Ortsteil Theta wohnt, nicht von sich preisgeben. Ob sie selbst nicht gerne im Mittelpunkt steht? „Nein, ich nicht“, sagt sie und lacht. Das letzte Mal war vielleicht in der zwölften Klasse bei der Schulaufführung – und am eigenen Geburtstag natürlich.

Probleme mit der Randlage

Andrea Zeitler und die Lochmüllers kommen schnell ins Gespräch. Vor allem deshalb, weil Zeitler sich dafür interessiert, was das junge Ehepaar macht, das auf einem Bauernhof an der Gemarkungsgrenze zu Bad Berneck lebt. Der Biohof von Horst und Annette Lochmüller liegt nur wenige Meter entfernt von Neudorf. Das ist eigentlich schon ein Ortsteil von Bad Berneck. Aber ihr Hof gehört noch zu Bindlach.

Dass der Hof so nahe bei Bad Berneck liegt, hat für die Lochmüllers Folgen. Bald kommt das Gespräch darauf, dass der Hof zwar zu Bindlach gehört, aber eine Bad Bernecker Postleitzahl hat. „Das ist mir unerklärlich“, sagt Horst Lochmüller. Wenn sie etwas im Internet bestellen wollen, gibt es regelmäßig Probleme, weil die Adresse bei vielen Versandhändlern einfach nicht existiert. Das sind die Probleme einer Randlage.

Die Lochmüllers leben auf ihrem Biohof ihren Traum

Trotzdem könnten sich die Lochmüllers nicht vorstellen, irgendwo im Zentrum zu wohnen. Nicht in Bindlach und schon gar nicht in Bayreuth. Das Landleben eint. Denn Andrea Zeitler geht es genauso. „Am Stadtrand wäre okay“, sagt sie. „Aber mitten in der Stadt, wo ein Haus am anderen steht, könnte ich nicht leben. Das wäre mir zu viel.“ Annette Lochmüller pflichtet bei. „Das geht mir auch so. Das Landleben ist Freiheit pur.“

Auf ihrem Hof leben die Lochmüllers als Biobauern seit fünf Jahren ihren Traum. Noch tun sie das im Nebenerwerb, aber irgendwann wollen sie damit ihren Lebensunterhalt verdienen – am liebsten mit einem eigenen Hofladen.

Der Mittelpunkt ist die Familie

Derzeit halten sie eine Herde Rinder. Aber nicht für die Milch, sondern für das Fleisch. Noch lassen sie die Tiere im Schlachthof schlachten. Die Lochmüllers sind aber auf der Suche nach einem Metzger in der Nähe, der das übernehmen könnte. Neben den Rindern haben sie noch eine Schar Gänse, und sie bauen Getreide an. Alles streng nach Bio-Maßstäben, versteht sich. Die Gänse schlachten die Lochmüllers zweimal im Jahr selbst. „Ich muss an dem Tag komplett abschalten“, sagt Annette Lochmüller. „Für uns ist der Hof auf jeden Fall der Mittelpunkt“, sagt Horst Lochmüller. Dabei war es eigentlich gar nicht geplant, dass sie den Hof von seinem Vater übernehmen. Jetzt will das junge Ehepaar dort nie wieder weg.

Andrea Zeitler sagt: „Mein Mittelpunkt ist die Familie. Das ist einfach das Wichtigste.“ Auf die Frage, warum das so ist, hakt Horst Lochmüller ein: „Eine komische Frage“, findet er. „Das sollte einfach so sein.“ Das findet auch Annette Lochmüller. „Ich sehe meine Familie selten“, sagt sie. „Aber wenn etwas wäre, wären alle für mich da.“

Zahlen zu Bindlach

Auf einer Fläche von 37,6 Quadratkilometern hat Bindlach 7237 Einwohner. Diese verteilen sich neben dem Hauptort auf 34 weitere Ortsteile. Höchster Punkt von Bindlach ist mit 528 Metern der Gipfel des Oschenbergs.
 

Der nächste Serienteil: Emtmannsberg

Nächsten Dienstag geht es in der Kurier-Serie „Mittendrin“ mit Emtmannsberg weiter. Dort liegt der Mittelpunkt bei einem der einsamsten Häuser im Ort. Dort wohnt eine Frau, die wohl jeder in Emtmannsberg kennt.

Die biserher erschienenen Serienteile

Teil 1: Immer auf der Suche nach der Mitte

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