Metallindustrie: Viele Stellen unbesetzt

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Beim Bayreuther Unternehmen Stäubli wird eine Roboter-Kupplung montiert.⋌Foto: Archiv/Ronald Wittek Foto: red

Die Stimmung in der oberfränkischen Metall- und Elektroindustrie (M+E) trübt sich auf hohem Niveau leicht ein. Dennoch wollen die Betriebe weiter neue Mitarbeiter einstellen, finden diese aber oft nicht – vor allem im IT-Bereich.

 
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Thomas Kaeser, Vorsitzender der Arbeitgeberverbände vbm und Bayme in der Region Oberfranken-West, sagte gestern bei der Präsentation der aktuellen Konjunkturumfrage in Coburg, dass die M+E-Unternehmen in diesem Jahr bereits 500 neue Arbeitsplätze neu geschaffen hätten und bis Jahresende nochmal die gleiche Anzahl auf dann rund 57 000 hinzukommen werde.

Große Probleme im IT-Bereich

Doch es könnten offensichtlich noch mehr sein. „Im IT-Bereich bestehen mittlerweile die größten Probleme bei der Stellenbesetzung“, sagte Kaeser. Mittlerweile sei jeder zehnte neu zu besetzende Arbeitsplatz einer in der IT. Umso schlimmer sei es da, wenn die Betriebe berichten, 39 Prozent dieser Stellen gar nicht besetzen zu können. „Damit ist die Lage im IT-Bereich inzwischen deutlich angespannter als bei Ingenieuren. Das bedeutet, dass in diesen Unternehmen wichtige Projekte für die Digitalisierung nur schleppend oder gar nicht vorankommen. Und darunter leidet wiederum die Wettbewerbsfähigkeit. Schließlich wird das Thema Industrie 4.0 immer wichtiger“, sagte Kaeser.

Aktuelle Lage gut

Die aktuelle Lage bewerten die Unternehmer allerdings immer noch als gut, auch wenn die Werte vor einem halben Jahr noch besser waren. So melden aktuell 40,2 Prozent der M+E-Betriebe in Oberfranken ein gutes Inlandsgeschäft und gar 58,6 Prozent ein gutes Auslandsgeschäft. Unzufrieden sind 8,2 und 16,7 Prozent. Der Rest spricht von einer zufriedenstellenden Lage.

Ordentliche Ertragslage

Was sich auch in der laut Kaeser „insgesamt guten“ Ertragslage widerspiegelt. So erwarten 40 Prozent eine gute Nettoumsatzrendite von vier Prozent und mehr, zwölf Prozent befürchten Verluste. Damit stehe Oberfranken besser da als Gesamt-Bayern.

Erwartungen eingetrübt

Gedreht hat sich das Bild bei den Geschäftserwartungen. Im Inland glauben 18,6 Prozent an eine Verbesserung, aber 21,8 Prozent befürchten eine Verschlechterung. Auch im Auslandsgeschäft fällt der Saldo mit 17,9 zu 22,9 Prozent negativ aus. Das sah vor einem halben Jahr mit plus 9,5 und plus 26,7 Prozent noch ganz anders aus.

Skepsis nimmt zu

„Das ist noch lange keine Krise, aber die Skepsis nimmt zu“, sagte Kaeser. Es herrsche Unsicherheit, und: „Kein Wunder. Die Risiken für exportorientierte Firmen haben deutlich zugenommen. Ukraine, Russland, Syrien, Ägypten, Libyen, jetzt die Türkei, dazu der Brexit – die Summe ist das Problem, selbst für im Ausland breit aufgestellte Unternehmen. Wenn einer in einem dieser Märkte besonders stark engagiert war oder ist, dann kann das sogar an die Substanz gehen.“

Im Ausland expansiver

Aber selbst, wenn das nicht der Fall sei, drücke die Flut an negativen Nachrichten auf die Stimmung. „Und wenn die Stimmung nicht so gut ist, dann investiert man auch nicht so leicht“, sagte Kaeser. Dennoch wollen im nächsten halben Jahr 14,1 Prozent der oberfränkischen M+E-Unternehmen ihre Investitionen ausweiten, gegenüber 8,4 Prozent mit Kürzungsplänen. Allerdings sind die Firmen dabei an den Auslandsstandorten expansiver. Das sichere zwar ebenfalls Arbeitsplätze in der Region, so Kaeser, komme dieser aber eben nur mittelbar zugute.

Türkei: Stillstand  von einem Tag auf den anderen

Es sei allerdings nicht allein die Stimmung, die auf die Geschäfte drückt. In der Türkei herrsche derzeit zum Beispiel „Stillstand – von einem Tag auf den anderen“, berichtet der Chef des Coburger Kompressorenherstellers Kaeser aus dem eigenen Unternehmen. 2015 habe der Export der bayerischen M+E-Unternehmen in das Land immerhin 2,4 Milliarden Euro betragen, zwei Prozent der Gesamtleistung. Und das bei einer doppelt so hohen Steigerungsrate wie bei den Ausfuhren insgesamt.

Sorgen wegen des Brexits

Noch mehr Sorgen aber mache er sich wegen des Brexits. Waren im Wert von 12,1 Milliarden Euro oder fast zehn Prozent aller M+E-Exporte seien 2015 aus Bayern über den Kanal gegangen. Besonders betroffen sei der in Oberfranken starke Automotive-Bereich. Angesichts dessen äußerte Kaeser die Hoffnung: „Vielleicht merken die britischen Politiker ja in den jetzt anstehenden Verhandlungen, wie sehr ihrem Land der Austritt aus der EU tatsächlich schaden wird, und ziehen die Notbremse. Aber auch hier weiß halt niemand, was wirklich kommt. Und das sorgt wieder für Unsicherheit.“

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