Diese Bundestagswahl war eine Zäsur in der deutschen Parteiengeschichte: Zum ersten Mal gibt es eine lupenreine linke Parlamentsmehrheit. Mögen auch nur wenige Mandate fehlen, welche die Union von der absoluten Mehrheit trennen - Fakt ist, dass SPD, Grüne und Linke die meisten Abgeordneten in der neuen Legislaturperiode stellen. Es gehört zu den vielen Geheimnissen und wundersamen Strategien der Bundeskanzlerin, sich über den Tag hinaus als große Siegerin in Pose zu werfen. Merkel weiß nicht erst seit den heute beginnenden zeitenwendigen schwarz-grünen Sondierungsgesprächen: Ob SPD oder Grüne - jeder neue Koalitionspartner wird ihr einen weiteren Linksruck zumuten müssen. Mehr noch: Ohne die FDP wird Merkel über die ganze Legislaturperiode befürchten (ja damit rechnen) müssen, von einem Tag auf den anderen ohne Parlamentsmehrheit dazustehen. Möglich, dass das rot-rot-grüne Lager, nur noch halbherzig zerstritten, in zwei bis drei Jahren die Reihen so fest geschlossen, Misstrauen und Missverständnisse so nachhaltig abgebaut hat, um es vorzeitig auf ein Ende der Regierung Merkel ankommen zu lassen. Egal, ob am Ende Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot zur Disposition steht.