Gute Unterhaltung? Oder Staub aus altem Plüsch? An Versuchen, die Operette totzusagen, fehlt es seit Jahrzehnten nicht. Tot ist sie insofern, als niemand mehr der - für viele zweifelhaften - Gattung neue Partituren beiträgt. Insofern lief ihr das Musical den Rang ab. Doch im Sterben liegt sie darum nicht; so sehen das jedenfalls Theatermacher und Musikwissenschaftler. Auf deutschen Bühnen gelten Operetten nach wie vor als sichere Bank; nicht zuletzt Stadttheater können durch sie anspruchsvollere, darum weniger publikumsträchtige Produktionen gegenfinanzieren. Wer sich nur kurz der Mühe unterzieht, im Internet nach mehr und nach weniger bekannten Exemplaren der Spezies zu forschen, findet sogleich nahezu jedes gewünschte Werk oder zumindest Ausschnitte daraus auf CD- oder Video-Editionen: die Strauß'sche "Fledermaus" sowieso und, natürlich, auch Kálmáns "Csárdásfürstin", desgleichen aber Raritäten wie Künnekes "Dorf ohne Glocke" oder den "Lohengelb" von Franz von Suppé. Dem fiel als Kapellmeister im Josefstädter Theater zu Wien ein junger Flötist auf, den er alsbald nachhaltig förderte: Karl Millöcker; am heutigen Samstag vor 175 Jahren war er in der Metropole zur Welt gekommen. 1882 gelang ihm in Wien mit dem "Bettelstudenten" der Durchbruch. Zwei Jahre darauf triumphierte er noch einmal mit "Gasparone". Zwar erreichten bis zu seinem Tod an Silvester 1899 spätere Bühnenwerke den Erfolg jener Kassenschlager nicht mehr - und schon gar nicht deren lange Nachwirkung -; aber fraglos rangiert der Tonsetzer neben Strauß, Suppé und Carl Zeller als Hauptvertreter des "goldenen Zeitalters der Operette". Ingeniöse Melodien und ein solides Komponierhandwerk rühmen Musiker und Regisseure ihm nach. Zum Klassiker, wie so manche seiner Weisen, taugt auch der eine oder andere keusch-sinnliche Satz aus den Textbüchern: "Ach, ich hab sie ja nur auf die Schulter geküsst ..."