Derzeit würden die Leitlinien für die Behandlung bestimmter onkologischer Patienten ergänzt. "Man muss auf dieser Basis sehr individuell beraten: Wie ausgeprägt ist der Wunsch, jetzt mit der Behandlung voranzuschreiten, wie groß ist die Angst, jetzt ins Krankenhaus zu gehen?" Eine akute Leukämie etwa müsse sofort behandelt werden. Dabei werde stets "auf Sicht" gefahren.
"Ein Aussetzen von Früherkennungs- und Abklärungsmaßnahmen ist nur über einen kurzen Zeitraum tolerierbar, sonst werden Tumoren möglicherweise erst in einem fortgeschrittenen Stadium mit dann schlechterer Prognose erkannt", betont Michael Baumann, Vorstandschef des Deutschen Krebsforschungszentrums. "Wir beobachten derzeit, dass Menschen Symptome nicht ärztlich abklären lassen."
In Praxen und Kliniken bleiben Patienten weg: Angst vor Ansteckung. Nicht zuletzt sind Krebskranke mit geschwächtem Immunsystem besonders gefährdet. "Wir sehen deutlich weniger Krebspatienten", sagt Bergwelt. "Uns treibt durchaus etwas die Sorge um, dass manche Patienten aus Sorge vor Infektion gar nicht mehr zum Arzt oder gar nicht ins Krankenhaus kommen", warnt auch der Ärztliche Direktor am LMU-Klinikum und Vorsitzende der Universitätsmedizin Bayern, Karl-Walter Jauch. Diese Ängste müssten den Menschen genommen werden.
Schon vor Corona rechneten die Experten mit einem Anstieg bei Krebs. Laut Prognose der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird sich die Zahl bis 2040 fast verdoppeln. Laut dem Weltkrebsreport der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) erkrankten 2018 weltweit 18,1 Millionen Menschen an Krebs, 9,6 Millionen starben. 2040 dürften demnach 29 bis 37 Millionen Menschen neu erkranken. Auch Baumann ging Anfang Februar von einer solchen Entwicklung aus. Gründe seien die wachsende und älter werdende Weltbevölkerung, aber auch "Lebensstilfaktoren".