„Massiver Eingriff“ Ortsumgehung Mistelbach ist Geschichte

Die Anlieger der Mistelbacher Ortsdurchfahrt dürfte es nicht freuen: Der Verkehr wird auch weiterhin durch den Ort fließen, da die geplante Ortsumgehung aus ökologischen und finanziellen Gründen nicht realisierbar ist. Foto: Ralf Münch

Knapp 10.000 Fahrzeuge durchqueren täglich den Ort Mistelbach. Das wird auch so bleiben. Eine vor mehr als zehn Jahren geplante Ortsumgehung wird nicht gebaut. Ökologische und finanzielle Gründe sprechen dagegen.

 
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Die Ortsumgehung von Mistelbach ist Geschichte. Die Planungen werden eingestellt. In seiner Sitzung am Dienstagabend hat sich der Gemeinderat von der Planung verabschiedet. Explodierende Baukosten und ein möglicher Eingriff mit negativen Folgen in die Wasserversorgung der Nachbargemeinde Eckersdorf verhindern die Umsetzung des Projektes. Freude über das Aus für die Umgehung bei den drei Pro-Mistelbach-Gemeinderäten, „große Enttäuschung“ bei Bürgermeister Matthias Mann.

Mehrheit für die Umgehung

Verkünder der Nachrichten war Fritz Baumgärtel vom Staatlichen Bauamt in Bayreuth. Er, der nach eigener Aussage erst seit anderthalb Jahren mit dem Projekt „Ortsumgehung Mistelbach“ beschäftigt sei und die Vorgeschichte nicht kenne, ist zuständig für Bauprojekte im Landkreis und damit auch für die umstrittene Umgehungsstraße.

Seit 2006 steht deren Umsetzung auf der Agenda des Gemeinderates. Eine Mehrheit der Mistelbacher Einwohner hatte sich 2007 bei einem Bürgerentscheid für die Umgehung ausgesprochen.

Eine eigens gegründete Bürgerinitiative und Klagen vor dem Verwaltungsgericht konnten die Weiterentwicklung nicht aufhalten. Erst neueste geologische Untersuchungen zeigen: Der Eingriff in die Landschaft wäre mit zwei großen Problemen behaftet: ein möglicher Hangrutsch und eine Gefährdung der Trinkwasserversorgung der Gemeinde Eckersdorf.

Neueste Kriterien

Nach mehr als zehn Jahren seien die Beteiligten sich einig gewesen, dass man die Gegebenheiten ein zweites Mal nach neuesten Kriterien untersuchen müsse, sagte Baumgärtel. Als Kriterien nannte er Geologie, Bodenmanagement, Trinkwasserschutz, Ökologie und Anforderungen aus dem Bauablauf.

Fachleute der Zentralstelle Ingenieurbauwerke und Georisiken (ZIG) bei der Landesbaudirektion Bayern haben nach mehreren Ortsbegehungen und Bohrungen Erkenntnisse gewonnen, die denen der Problematik der Autobahn A70 in Thurnau gleichen: Der Hang gerät in Bewegung. Durch den Bau der Umgehungsstraße bestehe die Gefahr eines Hangrutsches.

In beiden Fällen ist eine Feuerlettenschicht im Erdreich ursächlich. In Thurnau führte diese Gefahr zur kompletten Verlegung des Autobahnstückes. In Mistelbach müsse man den Hang aufwendig stützen, indem 300 Großbohrpfähle mit einem Durchmesser von je 1,2 Metern und einer Länge von 16 Metern eingebracht werden.

Die Kosten für dieses „riesengroße Bauwerk“ bezifferte Baumgärtel auf rund sieben Millionen Euro. Und damit deutlich mehr als die einst veranschlagten Baukosten von bis zu fünf Millionen Euro.

Massiver Eingriff

Mit dieser Stützmaßnahme wird zwar eine Gefahr gebannt, aber möglicherweise eine zweite geschaffen: Die Beeinträchtigung der Trinkwassergewinnung der Gemeinde Eckersdorf. Die Baumaßnahme würde deren Schutzzone tangieren. Ein, so Baumgärtel, „massiver Eingriff“ in die Trinkwassergewinnung der Nachbargemeinde, der ohne deren Zustimmung nicht erfolgen könne.

Das Fazit des Baufachmannes: Angesichts des massiven Eingriffs reiche die bisherige Planfeststellung nicht aus. Außerdem sei mit einem deutlichen Zuwachs der Kosten für die Umsetzung der Maßnahme zu rechnen. Seriöse Zahlen könne er nicht nennen, sagte Baumgärtel. Aber auf Nachfrage von Martin Schütze (Pro Mistelbach), ob sich die Kosten in Richtung 20 Millionen Euro bewegen könnten, meinte er, diese Größenordnung „kommt hin“.

„Momentan nicht machbar“

Harald Licha (SPD) betonte, unter den gegebenen Umständen sei die Ortsumgehung „momentan nicht machbar“, da auch Eckersdorf betroffen sei. Bürgermeister Matthias Mann hielt das Projekt angesichts eines Zuschusses in Höhe von 80 Prozent des Freistaates im Gegensatz zu Licha finanziell für machbar. Aber das Thema Wasserversorgung Eckersdorf lasse es wohl nicht zu.

Seine Enttäuschung konnte er nicht verbergen: „Die Gegner der Umgehung werden zufrieden sein, die Befürworter enttäuscht. Denn der Verkehr auf der Hauptstraße wird nicht weniger, eher mehr.“

Einen Hoffnungsschimmer für die Anwohner gibt es immerhin. Auf Manns Frage, ob und wie man die Ortsdurchfahrt verbessern könne, antworte Baumgärtel, dass man den Lärmschutz und die Verkehrssicherheit in den Mittelpunkt möglicher Maßnahmen stellen müsse. Man müsse beides, durch neutrale Experten, genauer unter die Lupe nehmen und dann entscheiden, was möglich und machbar sei. Darüber befinden, wie es weitergehe, müsse der Gemeinderat.

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