Märchen-Highlight in Wunsiedel Opernerfolg zwischen Zauberfelsen

Noch tanzen sie unbeschwert und haben das Hexenhaus nicht bemerkt: Hänsel (Ylva Gruen) und Gretel (Franziska Abram) von den Landesbühnen Sachsen auf der Luisenburg. Foto: kst

Die Landesbühnen Sachsen zeigen „Hänsel und Gretel“ auf der Luisenburg-Bühne, für die das Werk geschrieben scheint. Musikalisch und darstellerisch überzeugt die Inszenierung. Das Premierenpublikum applaudiert stehend und lange.

 
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Wo, wenn nicht auf der Luisenburg sollte die Märchenoper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck die ideale Kulisse finden?! Das Bühnenbild war inklusive einer zauberhaften Illumination denn auch einer der Stars bei der Premiere des traditionellen Gastspiels der Landesbühnen Sachsen am Wochenende; schon für 2020 war die Märchenoper vorgesehen und musste abgesagt werden– nun endlich konnte sie in Wunsiedel stattfinden. Nötig waren da nur wenige Ergänzungen aus dem Bühnenbild von Klaus Peter Feustel: das ärmliche Haus des Besenbinders und das verführerische Hexenhaus samt Käfig, in dem Hänsel gemästet werden sollte.

Ideales Ambiente

Ebenso wunderschön erklang die Musik aus dem seitlich platzierten Orchesterraum. Matthias Mücksch leitete die Elbland Philharmonie Sachsen mit viel Fingerspitzengefühl und akkurat im Einklang mit den ungewöhnlich weit entfernten Sängern durch die Partitur – nie zu laut, nie die Stimmen auf der weitläufigen Bühne zudeckend. Bei den Zwischenspielen zwischen den Akten verführte das Orchester die Zuhörer nicht zuletzt angesichts der wunderschön beleuchteten Felsenkulisse zum Träumen.

Die Felsen und Bäume boten das ideale Ambiente für die beiden Kinder Hänsel (Ylva Gruen) und Gretel (Franziska Abram), die die vielen bekannten Lieder (etwa „Suse, liebe Suse“, „Brüderlein, komm tanz mit mir“, „Ein Männlein steht im Walde“) vor allem aber den zu Herzen gehenden „Abendsegen“ gesanglich wunderschön gestalteten. Darüber hinaus überzeugten die beiden Sängerinnen mit ihrer darstellerischen Leichtigkeit der unbeschwerten Stunden im Zauberwald und mit ihrem Spielwitz.

Im strömenden Regen

Kein Wunder, dass es das Publikum beim nicht enden wollenden Schlussapplaus nicht auf den Plätzen hielt und die beiden zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen begeisterten Beifall entgegennehmen durften. Und das im strömenden Regen, der das Spiel ab etwa zehn Minuten vor dem Ende zu einer nassen Angelegenheit machte.

Von den „erwachsenen“ Kollegen tat sich naturgemäß vor allem Andreas Petzoldt als Knusperhexe hervor. Schaurig-schön singend und – selbstverständlich erfolglos – versuchte er in dieser Partie, die beiden Kinder zu fangen, zu töten und anschließend womöglich zu verspeisen. Stilecht schwarzgewandet (Kostüme: Marlis Knoblauch) mit Hakennase, Warze und krummem Rücken jagte er den Kindern hinterher, bis es ihm gelang, die beiden zu bannen. Selbst einen Ritt auf dem Besen durch die Felsen absolvierte er zum Gaudium der Zuschauer.

Exzellente Sänger

Zwei kurze, nichtsdestoweniger bezaubernde Auftritte hatten das Sandmännchen (Shuang Zhang), das aus der Tiefe der Felsen im Nebel auftauchte und die allmählich verängstigten und hungrigen Kinder in den Schlaf sang; und das Taumännchen (Suji Kim), das die Kinder nach der Nacht mit einem Trompetenruf wieder weckte.

Sängerisch genauso überzeugend und exzellent, wenn auch nur in kleinen Rollen, waren Anna Erxleben als wütende, müde und von der Armut niedergedrückte Mutter und Benedikt Eder als gutmütiger, angetrunkener und später höchst besorgter Vater. Als die besorgten Eltern die Kinder endlich wieder in die Arme schließen konnten, hatte er – singend – das letzte Wort, wie es ihm die Librettistin Adelheid Wette, die Schwester Humperdincks, Ende des 19. Jahrhunderts in den Mund gelegt hatte: „Merkt des Himmels Strafgericht: böse Werke dauern nicht!“

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