LuisenburgXtra Ein Musical-Star, ganz ohne Allüren

Andrea Herdegen
Musizieren seit 20 Jahren zusammen und harmonieren exzellent: Musical-Star Sanni Luis und Udo Lindenbergs Panikorchester-Saxofonist Noah Fischer beim „Luisenburg Xtra“-Konzert im Wunsiedler Museumshof. Foto: /Andrea Herdegen

Beim Konzert im Wunsiedler Museumshof begeistert Sanni Luis ein leider viel zu kleines Publikum. Quer durch die Genres beweist sie ihre außergewöhnliche Klasse.

 
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Zwei Dutzend Wunsiedler und Wunsiedler auf Zeit hatten die richtige Wahl getroffen: Alle anderen haben leider einen wunderbaren musikalischen Sommerabend im Hof des Fichtelgebirgsmuseums versäumt. Denen, die da waren, wird er lange im Gedächtnis bleiben: Musical-Star Sanni Luis begeisterte bei „Luisenburg Xtra“ mit ihrem Programm „Back Home“.

Geradeheraus und ehrlich

Die Sängerin beginnt mit dem mittlerweile 55 Jahre alten Aretha-Franklin-Klassiker „A Natural Woman“ und gibt damit das Motto aus, dem sie die nächsten gut zwei Stunden lang treu bleiben wird. Ganz natürlich, ohne Allüren, geradeheraus und ehrlich singt und moderiert sie. Bei allen Songs spürt man, dass sie sie lebt, dass sie sich kompromisslos in die emotionalen Tiefen der Kompositionen und Texte fallen lässt. Mit ihrer warmen, wandlungsfähigen Stimme transportiert sie ganz viel Gefühl, ohne je pathetisch zu wirken.

Mit „You’ve Got A Friend“ von Carole King begrüßt sie die wenigen Zuhörer zu einem „richtig schönen, intimen, persönlichen Konzertchen“. Sanni Luis ist nach mehr als 30 Jahren im Musical-Geschäft und vielen Hauptrollen auf großen Bühnen Profi genug, um auch für ein kleines Publikum alles zu geben. In einem klug zusammengestellten Programm zeigt sie ihre Stärken im Soul- und Pop-Genre, im Musical-Bereich und beim Chanson. Unterstützt wird sie von zwei fabelhaften Musikern: Noah Fischer, bekannt geworden als Saxofonist in Udo Lindenbergs Panikorchester, und Sasse Baumhof, international tätiger Pianist und Komponist. Immer wieder lässt Sanni Luis den beiden Raum, in Instrumentalstücken ihre Klasse zu zeigen: Louis Armstrongs „What A Wonderful World“ etwa, David Sanborns „Maputo“ oder auch, ganz klassisch, Johann Sebastian Bach.

Lieblingssong der Mutter

Ein Überraschungsgast auf der Bühne ist Ève-Marie Labrie-Loiselle, bei den Luisenburg-Festspielen Referentin der Theaterleitung. Doch die Kanadierin ist auch ein großes Gesangstalent. Gemeinsam mit Sanni Luis wagt sie sich an das Céline-Dion-Barbra-Streisand-Duett „Tell Him“. Mutig? Zweifellos, aber die beiden meistern das schwere Stück bravourös.

Für ihre verstorbene Mutter spielt Luis deren Lieblingssong, das die staubige Hitze der kalifornischen Mojave-Wüste atmende „Bagdad Café“-Titelstück „Calling You“. Und ihre aus Sachsen stammende Oma, die sie liebevoll Großi nannte, ehrt sie mit dem gesächselten Couplet „Dame“. Sehr gefühlvoll sind Luis’ Alicia-Keys-Adaptionen, zu denen sie deutsche Texte geschrieben hat. Und eine echte Hymne für Mitmenschlichkeit, Verständnis und gegenseitigen Respekt ist „Cry For Love“, das Sanni Luis mit Sasse Baumhof während der Corona-Zeit geschrieben hat.

Zurück nach zwei Jahren Konzertpause

2020 hätte, zu ihrem fünfzigsten Geburtstag und zur Feier des zwanzig Jahre währenden gemeinsamen Musizierens mit Baumhof und Fischer, das Jahr einer Ju-biläums-Tournee werden sollen. Doch die Pandemie machte Luis einen Strich durch die Rechnung. Nach zwei Jahren Konzertpause sind die drei nun endlich „Back Home“ auf der Bühne. Als Zugabe zollt Sanni Luis noch einmal der großen Barbra Streisand Tribut: „People“ aus dem Musical „Funny Girl“. Mit einem herrlich reduzierten „Lean On Me“ verabschiedet sie sich. Nicht, ohne allen, die sie in mittlerweile drei Spielzeiten auf der Luisenburg etwas bes-ser kennengelernt haben, zu versichern, dass auch dieser Song „ganz, ganz ernst gemeint“ ist.

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