Leonardo-Prozess: Eltern gehen nach Freisprüchen in Revision

Die Freisprüche im Berufungsverfahren um das lebensgefährlich erkrankte Flüchtlingskind Leonardo hat der Bayerische Flüchtlingsrat am Donnerstag scharf kritisiert. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg nannte Alexander Thal vom Flüchtlingsrat einen schwerer Schlag für Leonardos Eltern. Sie würden daher Revision einlegen.

 
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Das Gericht hatte am Mittwoch zwei Wachmänner der Erstaufnahmeeinrichtung Zirndorf und einen Arzt vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung freigesprochen. Wegen widersprüchlicher Aussagen ließen sich die Vorgänge nach so langer Zeit nicht mehr aufklären, hieß es in der Urteilsbegründung.

In dem Prozess ging es um die Vorgänge in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Zirndorf vom Dezember 2011, als der eineinhalbjährige Leonardo wegen einer schweren bakteriellen Erkrankung beinahe gestorben wäre. Dem Arzt, der das Kind am Abend zuvor untersucht hatte, war vorgeworfen worden, er habe dies nur oberflächlich getan und nicht einmal Fieber gemessen. Die Wachleute waren beschuldigt worden, den Eltern keinen Notarzt oder nicht einmal ein Taxi zur Kinderärztin gerufen zu haben.

Im Nachhinein habe der Vater die Geschehnisse wohl dramatisiert, erklärte der Richter in seiner Urteilsbegründung. Dies sei ein „weiterer Schlag ins Gesicht der Familie“, kritisierte Thal. Das Verfahren habe die chaotischen Zustände in der Erstaufnahmeeinrichtung Zirndorf deutlich gemacht. Dort herrsche ein „System der organisierten Verantwortungslosigkeit, ein verwaltungsmäßiger Saustall“, der aufgeräumt werden müsse.

Thal forderte, Flüchtlinge in die Krankenversicherung aufzunehmen. Es dürfe nicht hingenommen werden, dass Mitarbeiter von Sozialämtern oder Wachdiensten entscheiden könnten, wer zum Arzt gehen dürfe. In den Erstaufnahmeeinrichtungen müssten außerdem medizinische Behandlungszentren aufgebaut werden. Der Bayerische Flüchtlingsrat hatte den Fall bei der Staatsanwaltschaft angezeigt.

epd

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