Landratsamt schließt marode Unterkunft in Eckerdorf – Tägliche Betreuung sei nicht gewährleistet Eckersdorf: Asylbewerber müssen ausziehen

Von Heike Hampl

Das Asylbewerberheim in Eckersdorf wird geschlossen. Das hat Landrat Hermann Hübner entschieden. Der offizielle Grund: Die Bewerber könnten im ehemaligen Gasthaus Stamm nicht ausreichend betreut werden. Allerdings war die Unterkunft bereits im Dezember in Kritik geraten. Der Vorwurf: Die Menschen würden dort nahezu unwürdig leben.

 
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Kalte Heizungen, kaputte Möbel, marode Bausubstanz – Horst Lochner konnte es nicht mehr ertragen. Also hat der Eckersdorfer im Dezember im Kurier öffentlich Kritik geübt an den Zuständen in der Asylbewerberunterkunft. Lochner kennt das Haus deswegen gut, weil er dem Unterstützerkreis angehört, der den Asylbewerbern ehrenamtlich hilft.

Ingrid Gleißner-Klein, die im Landratsamt für Asylfragen zuständig ist, sagt jetzt: „Diese Kritik war Anlass, mal genauer hin zuschauen.“ Bei diesen Prüfungen sei aufgefallen, dass die Asylbewerber nur an zwei Tagen in der Woche intensiv betreut werden können. Die professionelle Unterstützung müssen die Bewerber für Behördengänge, Einkäufe oder Arztbesuche bekommen. „Mittlerweile erwartet die Öffentlichkeit aber eine tägliche Betreuung. Probleme tauchen eben nicht dann auf, wenn gerade zufällig jemand da ist“, sagt Gleißner-Klein.

In Oberfranken betreut ein Berater derzeit 150 Asylbewerber. Vor diesem Hintergrund scheint die Betreuung in Eckersdorf gut gewesen zu sein.

Bis zum 1. Juni müssen die Asylbewerber ausziehen, das hat Bürgermeisterin Sybille Pichl am Dienstag im Gemeinderat bekannt gegeben. Zwischen 20 und 25 Personen finden in Eckersdorf Platz. Sie werden auf andere Einrichtungen im Landkreis verteilt, etwa nach Pegnitz, wo vor einer Woche eine Unterkunft für 70 Menschen eröffnete.

Landrat Hermann Hübner, der letztlich entschieden hat, die Eckersdorfer Unterkunft zu schließen, will sich selbst nicht äußern und verweist an seine Mitarbeiterin Gleißner-Klein. Ende Januar hatte Hübner bei einer Pressekonferenz gesagt, dass im Laufe des ersten Halbjahres 2015 zusätzlich zu Pegnitz eine weitere Unterkunft für 15 bis 20 Bewerber im Landkreis gefunden werden müsse. „Der Landkreis kriegt viele Gebäude angeboten. Viele sind leider in einem erbärmlichen Zustand. Wir kriegen nichts her“, hatte Hübner damals gesagt. Und: Leerstehende Gasthöfe seien ideal. Nun fehlt ein solcher und der Bedarf an Plätzen ist noch größer. Zwölf bis 15 Bewerber kommen jede Woche im Kreis an, andere verlassen ihn wieder.

Oliver Hempfling, Sprecher der Regierung von Oberfranken, ist kritisch gegenüber der Entscheidung: „Jede Unterkunft, die wegfällt, fehlt.“ Die Zahlen der Asylbewerber „explodieren“, sagt Hempfling. Trotzdem ist die Schließung der Eckersdorfer Unterkunft für viele erleichternd. Peter Meyer, Landtagsabgeordneter der Freien Wähler, hatte sich dafür eingesetzt, dass die Bedingungen in der Unterkunft im ehemaligen Gasthaus Stamm verbessert werden. „Ich kann diese Entscheidung nur begrüßen“, sagt er. „Überall anders ist der Wohnstandard besser als dort.“ Ein Kind aus dem Wohnheim besucht derzeit die Eckersdorfer Schule. „Im Idealfall sollte das so bleiben. Vielleicht kann man diese Familie in der Nähe unterbringen“, sagt Meyer.

Auch Gleißner-Klein vom Landratsamt sagt: „Das Niveau der Unterkunft in Eckersdorf fällt im Vergleich zu anderen in der Region ab. Die Asylbewerber werden also in Wohnungen mit höherem Standard umziehen.“ Gleißner-Klein betont aber, dass die Unterkunft in dem ehemaligen Gasthaus in Eckersdorf zu keinem Zeitpunkt menschenunwürdig gewesen sei.

Der Betreiber der Unterkunft will sich zu der Sache nicht äußern.

Das sagen die Ehrenamtlichen: Ein Interview mit Mitgliedern des Unterstützerkreisen

Horst Lochner, Ingrid Lochner und Manfred Franke aus Eckersdorf unterstützen die Asylbewerber seit Langem. Im Interview äußern sie sich zu der bevorstehenden Schließung der Unterkunft.

Herr Lochner, Sie haben den Zustand des ehemaligen Gasthauses immer scharf kritisiert. Sind sie froh, dass die Menschen dort nun raus können?
Horst Lochner: Mit dieser Unterkunft konnte ein Betreiber mit der Not von Flüchtlingen sehr viel Geld verdienen – Steuergeld! Wenn etwas repariert wurde, dann nur nach großem Druck von außen. Von daher: Ja, ich bin schon froh darüber.

Das klingt nach einem Aber.
Horst Lochner: Menschlich betrachtet tut es natürlich auch ein bisschen weh. Wir haben die Bewohner gut kennen gelernt, Vertrauen aufgebaut, Menschlichkeit und Dankbarkeit erfahren. Ich hoffe, dass die Bewohner in der Nähe bleiben und wir sie vielleicht weiter unterstützen können. Zum Beispiel die Syrer, die länger bleiben dürfen. Wir würden gerne bei der Suche nach einer Wohnung helfen.

Ist das auf dem Land so schwer?
Ingrid Lochner: Vieles scheitert immer noch am Verständnis der Menschen dafür, was die Flüchtlinge mitgemacht haben. Wir wollen dafür werben, dass sie die Asylbewerber erst einmal kennen lernen, bevor sie sie ablehnen. Wir brauchen einfach ganz dringend kleine Wohnungen und sind auf die Hilfe unserer Mitbürger angewiesen.

Das Landratsamt schließt die Unterkunft nicht wegen des Zustandes, sondern wegen mangelnder Betreuung. Teilen Sie diese Ansicht?
Horst Lochner: Das ist ganz klar nicht unsere Auffassung. Die Verhältnisse dort sind untragbar und nicht menschenwürdig. Dreckige Matratzen, Schimmel, Möbel, die gerade noch für den Sperrmüll taugen.

Ingrid Lochner: Mag sein, dass die Betreuung des Betreibers nicht reicht. Aber mittlerweile war täglich ein Ehrenamtlicher von uns dort, auch am Wochenende. Ganz ehrlich: Die Betreuung hätten wir schon selbst hinbekommen.

Bis Juni müssen die Asylbewerber ausgezogen sein. Wie geht es für Sie weiter?
Manfred Franke: Wir bleiben weiter dran und begleiten die Leute. Zu Ämtern, Ärzten – was eben anfällt. Wichtig war uns immer, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. So wird es bleiben.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Horst Lochner: Ohne die Ehrenamtlichen kämen die Behörden nicht mehr zurecht. Ich wünsche mir, dass man die Zusammenarbeit mehr sucht und sich besser abspricht. Das Landratsamt könnte außerdem eine Plattform aufbauen, auf der die Unterstützerkreise der Region sich austauschen können.