La Palma Das „Monster“ hielt alle in Schach

Kerstin Goetzke

Schöne Wanderwege, bunte Natur, mildes Klima – das dürften die ersten Gedanken sein, wenn man „La Palma“ hört. Doch was die Familie des ehemaligen Pegnitzers Konrad Hofmann bis vor Kurzem dort erlebt hat, hatte wenig mit Urlaubsidylle zu tun.

 
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La Palma - Mit seinem Eintritt in die Rente stand für ihn fest, dass er mit seiner Frau Manuela und den beiden Söhnen Daniel und Stefan auswandert. Ziel des Abenteuers: die Kanareninsel La Palma, die zu Spanien gehört.

Bereits ein Jahr später kam es zum ersten Waldbrand, der die Familie – wie auch die anderen Inselbewohner – in Aufregung versetzte: „Das Feuer wütete sehr schlimm. Wir saßen tagelang auf gepackten Koffern“, beschreibt Hofmann die Anspannung und Ängste von damals. Sie wiederholten sich im August 2021, mitten in der Corona-Pandemie, als innerhalb weniger Stunden bei einem weiteren Waldbrand über 50 Wohnhäuser und große Plantagen verbrannten. „Wir dachten, das ist der Super-GAU.“ Doch dann brach am 19. September nur 2000 Meter vom Haus entfernt ein Vulkan aus. Bis vor Kurzem ist das „Monster“ – die Inselbewohner haben ihm bislang keinen Namen gegeben – immer wieder ausgebrochen.

Menschen schnell evakuiert

Wenige Tage vorher sei zwar vor einem möglichen Ausbruch gewarnt worden, „aber alle erwarteten ihn viel weiter südlich und nicht so nahe vor unserem Gartentor“, so der ehemalige Pegnitzer weiter. Schnell wurden die Menschen aus ihren Häusern evakuiert. Teilweise mit nicht mehr, als dem, was sie auf dem Leib trugen. Es blieb keine Zeit, wichtige Dinge einzupacken. Auch ihre Tiere mussten viele zurücklassen. Konrad Hofmann und seine Familie durfte vorerst im Haus bleiben, das er sechs Jahre zuvor gekauft hatte. Doch am nächsten Tag wurden auch sie evakuiert und kamen im Ferienhaus von Freunden unter. „Die Zahl der Evakuierten stieg stündlich. Die Lava überrollte Haus um Haus. Mehr als 7000 Menschen standen plötzlich ohne Dach über dem Kopf da“, erinnert sich der Rentner. Die Hilfsaktionen der übrigen Inselbewohner beschreibt er als „gigantisch“. Jeder spendete alles, was er entbehren konnte.

Ausbrüche von Tag zu Tag heftiger

„Keiner wollte glauben, was da auf uns zukam. Aber das Monster belehrte uns eines Besseren. Die Ausbrüche wurden von Tag zu Tag heftiger, giftige Gase strömten über die Insel und führten zu weiteren Evakuierungen, oder Hausarrest von Tausenden Bewohnern“, berichtet der Auswanderer.

Und weiter: „Dann bedeckte die Lava Hektar um Hektar, fraß Häuser und Plantagen, bahnte sich ihren Weg zum Meer. Der Absturz ins Meer verursachte wiederum giftige Gase. Immer neue Abzweige der Lavaströme versetzten die Menschen in Angst und Schrecken.“ Danach folgte der Ascheregen: Die feine Asche krieche in jede Ritze. „Jeder Windstoß treibt dir die Asche in die Augen“, erzählt Konrad Hofmann, der mit seiner Familie eine Zeit lang in Stein bei Pegnitz gewohnt hat. Seitdem muss täglich die Asche gekehrt werden, auch im Ferienhaus, in dem die Familie untergekommen ist, sind es inzwischen mehr als fünf Tonnen.

Nach ein bisschen Ruhe hat die Lava schließlich doch das eigentliche Anwesen der Hofmanns erreicht und weite Teile des Gartens zerstört. Eine Rückkehr nach Deutschland schließt die Familie aber aus. „Wir haben uns La Palma als unsere neue Heimat ausgesucht und hier werden wir auch bleiben“, bekräftigt der 68-Jährige, der bereits einen Vorvertrag für ein Haus als Mietobjekt abgeschlossen hat.

Schreckensbilanz von drei Monaten

Pünktlich zu Weihnachten kam am ersten Feiertag die Nachricht, dass die Regierung die Eruption des Vulkans für beendet erklärt hat. Bereits seit Mitte Dezember schien die vulkanische Tätigkeit langsam zurückzugehen, was Hoffnung bei den Inselbewohnern weckte.

Doch die Bilanz der vergangenen drei Monate ist erschreckend: Etwa 3000 zerstörte Wohnhäuser und öffentliche Gebäude, 7000 Menschen haben ihr Zuhause sowie ihr ganzes Hab und Gut verloren. Etwa 1300 Hektar Land sind mit Lava überzogen worden, wie Teneriffa News online vermeldet. Etwa 160 Millionen Kubikmeter Lava seien ausgetreten. Zudem wurden mindestens 20 Millionen Kubikmeter Asche freigesetzt.

Konrad Hofmann, der als Ingenieur bei der Firma Markgraf in Bayreuth gearbeitet hat, ist skeptisch: „Wenn ich aus dem Fenster sehe, produziert der Vulkan immer noch schwarze Wolken und – was noch viel schlimmer ist – riesige Mengen von Gasen.“

Getrübte Stimmung

Die Stimmung auf der Insel sei getrübt: Es sei ein „trauriges Weihnachten“ gewesen. Die Stadt war zwar etwas geschmückt, aber es seien kaum Menschen unterwegs gewesen. Denn die Familien seien überall verstreut und auch aufgrund von Covid sei ein Zusammentreffen kaum möglich.

Der ehemalige Franke, wartet nun darauf, eine Genehmigung zu bekommen, die es ihm und seiner Familie erlaubt, ins Sperrgebiet zu gehen, um einige Dinge aus dem Haus zu holen: Neben Haushaltsgegenständen auch Spielsachen, die sie säubern, verpacken und spenden möchte: Denn um den anderen Inselbewohnern zu helfen, hat Familie Hofmann eine Spendenaktion ins Leben gerufen.

Spendenaktion

Mit mehr als 7000 Euro haben sie unter anderem Nachbarn geholfen, einen neuen Hausstand aufzubauen oder haben bedürftige Schüler mit Laptops versorgt, damit sie dem Unterricht vom Notquartier aus folgen können. Kleinere Beträge gingen an Inselbewohner, die warme Kleidung benötigen, weil sie aufgrund der Katastrophe in kältere Regionen ziehen mussten. Wer Geld spenden möchte, das Familie Hofmann dann an Betroffene weitergibt, kann mit Konrad Hofmann per Mail Kontakt aufnehmen: konradhansgeorghofmann@gmail.com

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