Kurioses aus der Plassenburg „Leck er mich“

Wolfgang Schoberth
Götz von Berlichingen (oben in der Mitte) bei seinem unsterblichen Gruß an den Bamberger Bischof. Foto:Zinnfigurenmuseum Foto:  

Götz von Berlichingen, der Ritter mit der eisernen Hand, ist ein Star auf der Plassenburg. Seine berüchtigte Schimpfkanonade ist in Zinn gegossen.

 
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Kulmbach - Der 26-jährige Goethe muss seinen Spaß gehabt haben. Wie im Rausch hat er im Winter 1771 in sechs Wochen seinen „Ur-Götz“ heruntergeschrieben – einen Sturm-und-Drang-Knaller, der sensationell einschlägt und ihn populär macht. Die Bauernkriegs-Handlung hat Power, mehr noch der kernige Titelheld; doch was jedermann bei „Götz“ in den Kopf schießt, ist das berüchtigte Zitat. (Fast) jeder hat es drauf, zumindest denkt er sich’s lebhaft gegenüber manchen seiner Mitbürger.

Das Zinnfigurenmuseum kann sich rühmen, das Ur-Szenario der Schimpfkanonade in ihrem Bestand zu haben. Im Diorama sieht man oben auf den Zinnen seines Schlosses Jagsthausen den Ritter mit der eisernen Hand an der Seite von zwei Getreuen. Vor dem Schlosstor stehen zwei „Scheißkerle“, wie er sagt. Mit denen man nicht tauschen möchte: Zwei Boten aus Bamberg, die Götz den Anmarsch bischöflicher Truppen verkünden und ihn zur Übergabe auffordern. Der Berittene mit mächtigem Helmbusch der Trompeter, der Begleiter links der Bannerträger, der das Wappen des Heiligen Römischen Reiches – schwarzer Doppeladler auf goldenem Grund – auf dem Schild führt.

Es folgt die altdeutsche Saft-und-Kraft-Botschaft an die Adresse des Kirchenmanns in Bamberg, die Goethe im dritten Akt, 17. Szene wiedergibt : „Mich ergeben! Auf Gnad und Ungnad! Mit wem redet ihr? Bin ich ein Räuber? Vor Ihrer Kaiserlichen Majestät hab ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber, sag’s ihm, er kann mich im….“. Na ja, Sie wissen schon.

Kein Zweifel, Goethe wollte reinfetzen, Geschmacksgrenzen einreißen, in Form und Sprache Theaterkonventionen sprengen. Sein Mentor Gottfried Herder ist entsetzt: „Shakespeare hat euch ganz verdorben.“ Ein Kritiker dagegen, der das Stück bei seiner Uraufführung 1774 in Berlin erlebt hat, ist genauso begeistert wie das tobende Publikum, hat aber nicht die Traute, es zu sagen: „Der Dialog ist lebhaft und unterhaltend, doch einige Ausdrücke sind pöbelhaft niedrig.“

Der altersmild gewordene Geheimrat Goethe mag in Ausgabe letzter Hand nur noch drei Punkte verwenden. Wenn Schulverlage dem folgen, ist das für heutige Schüler spaßiger als jeder „Fack ju Göhte“-Gag.

Markenzeichen: „Eiserne Hand“

Goethe hat den historischen Götz von Berlichingen idealisiert und in einen volksnahen Kraftkerl verwandelt, der mit den Fürsten und Bischöfen in Fehde liegt und die Nürnberger „Pfeffersäcke“ ausplündert. In Wirklichkeit war er ein Abenteurer und Kriegsunternehmer, der sich von den aufständische Bauern zum Hauptmann ernennen lässt, zum eigenen Nutzen.

Sein Markenzeichen, die „eiserne Hand“, ist auf dem Diorama deutlich ausgebildet. Dem 23-Jährigen hat der Belagerung von Landshut ein Schuss aus einer Feldkanone die rechte Hand zerschmettert. Sie musste amputiert werden. Noch auf dem Krankenlager ließ sich Götz von einem Dorfschmied eine eiserne Prothese anfertigen, die als feinmechanische Meisterleistung gilt. Sie konnte durch ein System von Federn und Zahnrädern bewegt werden, die er mit der linken Hand per Knopfdruck betätigen konnte. Dadurch konnte Götz wieder ordentlich zum Weinbecher greifen oder zum Schwert, um sich ins Kampfgetümmel zu stürzen.

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