Kurgast und -musiker in einem

Von Andreas Gewinner
Achim Zepter singt, wo und wann er will. Weil es ihm Spaß und weil es anderen Freude bereitet. Und häufig steckt er andere damit an. Foto: Andreas Gewinner Foto: red

Im Heilkimatischen Kurort gibt es Kurgäste und es gibt Kurmusiker, und das schon seit Jahrzehnten. Doch dass ein Kurgast gleichzeitig Kurmusiker ist, das dürfte auch in Bischofsgrün ein Novum sein.

 
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Eines Tages war er einfach da. Achim Zepter baute Mikro, Notenständer und seinen kleinen 70-Euro-Verstärker im Rondell um das Kriegerdenkmal auf dem Marktplatz auf, schloss seine akustische Gitarre an und fing an zu singen. Im Landgasthof Benker dachte man, der benachbarte Deutsche Adler habe den Sänger geordert, um die Gäste an den Außentischen zu unterhalten. Und umgekehrt dachte man in Puchtlers Deutschem Adler, der Landgasthof Benker habe ihn bestellt.

Achim Zepter singt auch auf Bestellung, aber der Hauptgrund ist ein anderer: "Mir macht es einfach Spaß, mich auf die Straße zu stellen und zu singen. Singen ist für mich Spaß und Therapie." Zepter war ein paar Wochen in Bischofsgrün als Patient in der Höhenklinik. Und hat dort die Therapie seiner Mitpatienten eigenmächtig um einige Stunden Zuhören und Mitsingen erweitert. "Ich habe gar nicht lang gefragt, ich bin einfach abends in den Vortragssaal und habe losgelegt." Eine Patientin bestätigt: "Es hat geholfen, alle haben gelacht, als sie wieder raus sind."

Die bisherige musikalische Karriere des Unterfranken verlief unspektakulär. Als Kind Gitarre gelernt, "auf Lagerfeuerlevel", dann im Spielmannszug Fanfare gespielt, heute bläst er noch im Posaunenchor. Richtig mit dem Singen angefangen hat Zepter erst vor drei Jahren, "davor habe ich nur zu Hause für mich selbst gesungen." Doch seither ist er voll eingestiegen, er veranstaltet Wirtshaussingen in seiner Heimatstadt Mainbernheim bei Kitzingen. Und hat dazu ein Buch mit rund 160 Liedern aufgelegt - Volkslieder, Oldies, Schlager, von allem etwas. Inzwischen tritt er auch als Alleinunterhalter auf Privatfeiern auf.

In  Bischofsgrün hat er in den vergangenen Tagen mehrfach auf dem Marktplatz die Gitarre ausgepackt. Stets dabei: der "Klinikfanclub", wie sich seine zuhörenden oder mitsingenden Mitpatienten nennen. Wenn die Zuhörer am Ende eines Liedes klatschen, huscht ein glückliches Lächeln über sein Gesicht. Spätestens beim dritten Lied summen die Ersten leise mit. Und spätestens bei "Sierra Madre" singen die ersten mit.

Auch viele Einheimische haben in den vergangenen Wochen das akustische Angebot zu schätzen gelernt. Als er mit einer Mitpatientin eine zum Sterben schöne Version von Bette Midlers "The Rose" gesungen hat, kommt ein älterer Bischofsgrüner mit Tränen in den Augen auf die Sängerin zu und umarmt sie. Achim Zepter strahlt: "Das Schönste am Singen ist, anderen Leuten Freude zu bereiten."

Und Bärbel Benker vom gleichnamigen Landgasthof sagt: "Ein Gast, der die Gäste unterhält - das habe ich noch nicht gehabt."

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